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Wo bleibt die Empörung über menschenfeindliche Politik?

Das „Zustrombegrenzungsgesetz“ wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Die Empörung über die Zusammenarbeit mit der AfD ist berechtigt, doch wo bleibt die Wut über den Inhalt des abgelehnten Antrags?

Wo bleibt die Empörung über menschenfeindliche Politik?
Fotograf*in: Hansjörg Keller auf unsplash

Du hast es bestimmt mitbekommen: Die Unionsfraktion hat in der vergangenen Woche mit einem Antrag und einem Gesetzesentwurf eine radikale Verschärfung der deutschen Asyl- und Migrationspolitik gefordert. Der Antrag, der sogenannte „Fünf-Punkte-Plan“ zu den Themen Grenzen und „illegale Migration“, wurde mit Unterstützung der AfD im Bundestag beschlossen. Es war das erste Mal, dass der Bundestag einen Beschluss gefasst hat, bei dem die Stimme der als teilweise rechtsextrem eingestuften AfD entscheidend war. Der Gesetzesvorschlag der CDU/CSU wurde zwei Tage später jedoch mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Viele blicken nun zu Recht empört darauf, dass die Union offenkundig mit der AfD paktiert. Doch wo bleibt die Wut darüber, dass sich liberale Politiker*innen nicht über die menschenrechts- und verfassungswidrigen Inhalte des Antrags aufregen, sondern „lediglich“ über die Zusammenarbeit der Unionspartei mit der AFD?

Diese Verschiebung verdeckt die Tragweite des nicht bindenden Beschlusses: Der Antrag sieht nämlich unter anderem vor, dass es ein faktisches Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente geben soll – selbst für jene, die in Deutschland Asyl beantragen möchten. Diese Forderung verstößt nicht nur gegen das Grundrecht auf Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes, sondern auch gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, welche als Lehre aus dem Zweiten Weltkriegs in Kraft gesetzt wurde. Noch gravierender wird es bei der Forderung, ausreisepflichtige Personen unmittelbar inhaftieren zu lassen – eine Praxis, die im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtskonventionen steht.

Zwei Tage später wurde der Gesetzesentwurf, das sogenannte „Zustrombegrenzungsgesetz“, am Freitag mit knapper Mehrheit abgelehnt. Dieses hätte der Bundespolizei das Recht eingeräumt, eigenständig Haftanträge zu stellen, was einen massiven Eingriff in die Gewaltenteilung bedeutet, sowie die Abschaffung der Familienzusammenführung für subsidiäre Schutzbedürftige. Dass die Union so weit geht und Unterstützung von der FDP erhält, macht deutlich, dass autoritäre Tendenzen schon längst nicht mehr nur ein Problem der extremen Rechten sind, sondern auch in Parteien, die sich selbst als „bürgerlich“ bezeichnen, zunehmend akzeptiert werden.

Tatsächlich hat die Ampel-Regierung selbst durch ihre verschärfte Asylpolitik in den letzten Jahren den Boden für solche Debatten geebnet. Der wahre Skandal dieser Woche liegt somit nicht nur im Tabubruch der Union, sondern auch in der breiten politischen Akzeptanz von immer drastischeren Maßnahmen gegen Geflüchtete und Migrant*innen in diesem Land. Während sich die Debatte um die Frage dreht, mit wem die CDU gestimmt hat, geht unter, worüber sie abgestimmt hat.

Und genau das ist das Gefährlichste an diesem Moment: Wenn menschenfeindliche Politik nur aufgrund ihrer parlamentarischen Durchsetzung als Skandal gilt, dann hat sich die politische Normalität schon längst weit nach rechts verschoben.

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