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Wir sind kein Wahlkampfmittel, Herr Merz!

Die migrationsnews von kohero sind dein wöchentlicher Nachrichtenüberblick zu den Themen Flucht und Migration. Diese Woche schreibt Redaktionsmitglied Emad über die Äußerungen von Friedrich Merz zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft von Doppelstaatsbürger*innen im Fall von Straftaten.

Wir sind kein Wahlkampfmittel, Herr Merz!
Fotograf*in: Element5 Digital auf pexels.com

Die Äußerungen von Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der CDU, zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft bei Doppelstaatsbürger*innen, die Straftaten begehen, haben breite Empörung ausgelöst — und das zurecht. Denn sie stellen einen erheblichen rechtlichen Verstoß dar.

Artikel 16 des Grundgesetzes der BRD schützt die Staatsbürgerschaft vor willkürlicher Aberkennung – ein Prinzip, das nach den bitteren Erfahrungen der NS-Zeit eingeführt wurde, in der Millionen Menschen systematisch ausgebürgert wurden. Die heutige Wiederbelebung solcher Ideen, wenn auch in anderer Form, zeigt ein besorgniserregendes Vergessen der historischen Lehren und schwächt die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland.

Der Vorschlag von Merz würde „de facto“ ein zweistufiges Staatsbürgerschaftssystem schaffen. Deutsche, deren Staatsbürgerschaft unantastbar ist, und Doppelstaatsbürgerinnen, die als „auf Bewährung“ betrachtet werden. Diese Unterscheidung widerspricht dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz und öffnet die Tür für mehr gefährliche gesellschaftliche Spaltungen, da bestimmte Bürgerinnen allein aufgrund ihrer Herkunft strengeren Strafen ausgesetzt wären.

Die deutsche Staatsbürgerschaft ist kein Privileg, das für gutes Verhalten verleihen wird, sondern ein Grundrecht, das durch das Gesetz geschützt ist. In einem Rechtsstaat darf die Staatsbürgerschaft kein politisches Instrument oder Wahlkampfmittel sein, insbesondere wenn dies zu Marginalisierung und Polarisierung innerhalb der Gesellschaft führt.

Anstatt Doppelstaatsbürger*innen indirekt als „Deutsche zweiter Klasse“ zu stigmatisieren, sollte sich der politische Diskurs darauf konzentrieren, Integration zu fördern und gesellschaftliche Einheit zu stärken. Deutsche mit Migrationshintergrund und ihre Nachkommen bereichern Deutschland durch ihre Arbeit und ihr Engagement. Seit Jahrzehnten haben sie beim Aufbau des modernen Deutschlands eine zentrale Rolle gespielt.

Politikerinnen, die Bürgerinnen aufgrund ihrer Herkunft oder doppelten Staatsangehörigkeit unterscheiden, riskieren, die Kluft zwischen verschiedenen Gesellschaftsgruppen zu vergrößern. Angesichts der heutigen Herausforderungen braucht Deutschland eine konstruktive politische Rhetorik, die das gegenseitige Verständnis stärker macht, anstatt Spaltung anzuheizen.

Die Ausnutzung von Migrationsthemen im politischen Diskurs, um kurzfristige Wahlerfolge zu erzielen, untergräbt das Vertrauen zwischen Bürger*innen und Staat. Solche Praktiken verstärken das Gefühl der Marginalisierung und gefährden langfristig die Stabilität der Gesellschaft.

Der Vorschlag von Merz ist nicht nur verfassungswidrig, sondern auch ethisch fragwürdig und politisch unverantwortlich. Diese Ideen schaden den grundlegenden demokratischen und rechtlichen Werten. Deutschland braucht eine politische Führung, die die Werte von Gleichheit und gegenseitigem Respekt aller Bürger*innen unabhängig von ihrer Herkunft hochhält. Denn wir sind kein Wahlkampfmittel, Herr Merz!

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