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Wie erinnern wir an rechte Gewalt? – die migrationsnews von kohero

„Erinnerungskultur im Journalismus“ – ein in Deutschland aktuelles Thema. Wie kann rechte Gewalt journalistisch aufgearbeitet werden? Sarah Zaheer schreibt darüber in den migrationsnews dieser Woche.

Wie erinnern wir an rechte Gewalt? – die migrationsnews von kohero
Fotograf*in: Annie Spratt auf unsplash

Gestern jährte sich der rassistisch motivierte Anschlag im Olympia-Einkaufszentrum in München zum achten Mal. Am 22. Juli 2016 tötete ein 18-jähriger Deutsch-Iraner neun Menschen mit einer Schusswaffe, fünf weitere Menschen wurden verletzt. Dabei wählte er gezielt Opfer mit Migrationsgeschichte aus. Weitere Details zum Tathergang gibt es zum Beispiel bei der SZ.

Eine lange Zeit wurde der Anschlag jedoch als Amoklauf und Racheakt eines psychisch kranken Schülers bezeichnet, der gemobbt wurde. Dabei gab es viele Hinweise auf einen politischen Hintergrund: das rassistische Gedankengut des Täters, seine Aktivitäten in einschlägigen Chat-Gruppen und der gezielt festgelegte Tatzeitpunkt, der exakt fünf Jahre nach den Anschlägen des rechtsextremen Massenmörders Anders Breivik in Norwegen lag.

Doch Ermittlungsbehörden und Journalist*innen versäumten hier, die Tat sofort als rassistischen Terroranschlag zu benennen. Wie konnte das passieren?

Am Freitag moderierte ich bei der „Netzwerk Recherche Jahreskonferenz“, einer Journalismuskonferenz, ein Panel zum Thema „Erinnerungskultur im Journalismus“. Denn bei uns in der Redaktion haben wir uns gefragt: Wie erinnern wir an rassistische und rechte Gewalt in Deutschland? Und was kann der Journalismus leisten, damit diese Gewalt aufgearbeitet und sichtbar wird?

Ich durfte die Journalistinnen Heike Kleffner und Yasemin Said auf dem Panel begrüßen. Nabila Abdel Aziz, die den äußerst hörenswerten Podcast „Terror am OEZ“ gehostet hat, ist leider krankheitsbedingt ausgefallen. Dennoch konnte ich einige Dinge mitnehmen, die ich gerne mit dir teilen möchte:

Journalist*innen tragen eine große Verantwortung. Durch ihre Recherchen kann sich alles für die Überlebenden, Betroffenen und Hinterbliebenen verändern. Es ist daher super wichtig, transparent über Erwartungen und Hoffnungen zu kommunizieren.

Redaktionen fehlt es an Sensibilität. Rechte Gewalt wird immer häufiger in Berichterstattungen thematisiert, doch viele Redaktionen erwarten klassische Täter-Opfer-Narrative, die nicht immer realitätsnah sind.

Journalismus muss als Korrektiv fungieren. Zu oft zeigt sich, dass Behörden Hinterbliebene verdächtigen, nicht in alle Richtungen ermitteln und Justizfehler passieren. Journalist*innen müssen hier genau hinschauen, Zusammenhänge herstellen und Raum für Ambivalenzen schaffen.

Journalist*innen können dazu beitragen, dass wir kollektiv an diejenigen erinnern, die durch rechte, rassistische und antisemitische Gewalt ihr Leben verloren haben – damit wir als Gesellschaft Konsequenzen daraus ziehen.

In Gedenken an

Armela Segashi
Can Leyla
Dijamant Zabërgja
Guiliano Kollmann
Hüseyin Dayıcık
Roberto Rafael
Sabine S.
Selçuk Kiliç
Sevda Dağ.

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