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Wie eine Diskussionsrunde Politik und die syrische Community zusammenbringt

Wie kann Syrien nach dem Assad-Regime wiederaufgebaut werden? Welche Rolle spielt Deutschland dabei und was erwartet die syrische Community in Deutschland? Diese Fragen standen im Fokus einer spannenden Diskussionsrunde im Unperfekthaus Essen.

Wie eine Diskussionsrunde Politik und die syrische Community zusammenbringt
Fotograf*in: Emad Almansour

Es war ein vielfältiger Abend: Bei einem Treffen, das von Autor und Aktivist Moutasm Alyounes und Mohammad Safwat Raslan, organisiert wurde, diskutierten politische Vertreter und Mitglieder der syrischen Community über Migration, Integration und Außenpolitik. Denn seit mehr als einem Jahrzehnt leben viele Syrer*innen in Deutschland, einige mit der Hoffnung auf eine baldige Rückkehr, andere mit dem Wunsch nach einer langfristigen Perspektive in ihrer neuen Heimat. Doch wie kann die syrischen Menschen in den politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau ihres Landes eingebunden werden?

Für Stephan Neumann, Bundestagskandidat der Grünen für den Essener Süden, ist klar: Die Debatte um Abschiebungen müsse einem konstruktiven Dialog weichen. Viel wichtiger sei es, darüber zu sprechen, wie Syrien wieder eine lebenswerte Zukunft für seine Menschen bieten könne. Deutschland und Europa hätten eine Verantwortung, den Wiederaufbau aktiv zu unterstützen.

Neumann erinnerte daran, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls von internationaler Hilfe profitierte. Ein vergleichbares Engagement müsse auch für Syrien möglich sein. Besonders betonte er die Rolle der syrischen Community. Menschen, die in Europa oder Amerika gelebt haben, könnten eine entscheidende Rolle spielen, um eine demokratische und stabile Gesellschaft aufzubauen. Gleichzeitig müsse Deutschland dafür sorgen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte gleichberechtigt am politischen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.

Integration als gesellschaftliche Verantwortung

Während Neumann den Fokus auf den Wiederaufbau Syriens legte, hob Dirk Kalweit ( CDU) die Bedeutung der Integration in Deutschland hervor. Eine echte Gemeinschaft könne nur entstehen, wenn Menschen sich nicht in getrennten Gruppen bewegten, sondern den Austausch suchten, sei es in Vereinen, Bildungseinrichtungen oder politischen Initiativen.

Kalweit stellte klar, dass Integration nicht nur eine Frage von Sprache oder Arbeit sei. Es gehe darum, langfristige Perspektiven zu schaffen. Wer in Deutschland eine dauerhafte Bleibeperspektive habe, müsse sich nicht nur sicher fühlen, sondern auch die Möglichkeit bekommen, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben. Gleichzeitig betonte er, dass es keine generelle Strategie zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft gebe, dies geschehe nur in extremen Fällen, etwa bei schweren Straftaten oder terroristischen Aktivitäten.

Die Forderungen der syrischen Community

Neben den politischen Stimmen kamen auch die Organisatoren selbst zu Wort. Mohammad Safwat Raslan machte deutlich, dass sich viele Syrer*innen in Deutschland längst als Teil der Gesellschaft verstehen, doch oft fehle es noch an echter Gleichberechtigung. „Wir sind keine Deutschen zweiter Klasse“, stellte er klar und forderte eine Politik, die Menschen mit Migrationsgeschichte nicht nur duldet, sondern aktiv einbindet.

Besonders kritisch sieht Raslan die aktuellen Sanktionen gegen Syrien. Diese erschwerten nicht nur wirtschaftliche Entwicklungen, sondern auch humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau. Sein Appell an die Politik lautete daher: Deutschland müsse sich nicht nur finanziell, sondern auch strukturell für eine stabile Zukunft Syriens einsetzen.

Moutasem Alyounes, Autor und Mitveranstalter, richtete seinen Blick auf die Werte des Grundgesetzes. Nach zehn Jahren in Deutschland sei die syrische Community längst ein fester Bestandteil der Gesellschaft. „Wir sind nicht mehr auf der Flucht. Wir sind hier, um die Gesellschaft aktiv mitzugestalten“, betonte er. Es sei essenziell, dass die Politik den Dialog mit allen Teilen der Gesellschaft führe und dabei stets die Grundwerte der Verfassung wahre.

Ein Abend, der nachhallt

Die Veranstaltung im Unperfekthaus Essen zeigte eindrucksvoll, wie eng die Zukunft Syriens mit der Integration syrischer Menschen in Deutschland verknüpft ist. Während Stephan Neumann für eine stärkere internationale Unterstützung des Wiederaufbaus plädierte, setzte Dirk Kalweit auf mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Die syrischen Vertreter*innen wiederum machten deutlich, dass sie längst nicht mehr nur Schutzsuchende sind, sondern aktive Mitgestalter der Gesellschaft.

Musikalisch untermalt wurde der Abend von Mohammad Khaled und der Ugarit Band, deren traditionelle Klänge eine emotionale Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schlugen. Sie erinnerten daran, dass Kultur und Identität nicht verloren gehen, sondern auch im Exil weiterleben.

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