Zum Inhalt springen
3 Min. Lesezeit Kultur

Wie die Welt Advent feiert: Reise durch Bräuche und Traditionen

Advent ist mehr als nur ein Countdown bis Weihnachten. Es ist eine Zeit der Besinnung, Freude und Gemeinschaft, geprägt von Bräuchen und Ritualen. Während in Europa Weihnachtsmärkte und glitzernde Lichter dominieren, eröffnen andere Regionen Einblicke in ihre einzigartigen Traditionen. Eine Reise um

Wie die Welt Advent feiert: Reise durch Bräuche und Traditionen
Fotograf*in: Antony Delanoix auf unsplash.com

In Äthiopien, einem der ältesten christlichen Länder der Welt, beginnt der Advent nicht mit Kränzen oder Kalendern, sondern mit einer strengen Fastenzeit, die als „Tsome Nebiyat“ bekannt ist. Diese Fastenzeit dauert 43 Tage und endet am 7. Januar, dem Tag, an dem in Äthiopien Weihnachten gefeiert wird.

Während dieser Zeit verzichten viele auf tierische Produkte und nehmen an täglichen Gottesdiensten teil. Kirchen spielen eine zentrale Rolle im Advent. Sie sind oft mit beeindruckender Architektur wie den Felsenkirchen von Lalibela ein spiritueller Anziehungspunkt. Hier versammeln sich Gläubige, in weiße Gewänder gehüllt, um gemeinsam zu beten. Die Atmosphäre ist geprägt von Gesängen und traditionellen Instrumenten, die eine fast zeitlose Stimmung schaffen.

In ländlichen Gebieten wird der Advent auch genutzt, um Häuser zu reinigen und einfache Geschenke vorzubereiten, die am Weihnachtsfest mit Nachbar*innen geteilt werden. Gemeinschaft und Spiritualität stehen dabei im Vordergrund.

Lebendige Straßenfeste und spirituelle Traditionen in Brasilien

Auch in Brasilien verschmelzen katholische Bräuche mit afrikanischen und indigenen Traditionen zu einem einzigartigen Adventserlebnis. Besonders in Städten wie Salvador und Rio de Janeiro wird der Advent mit einem Mix aus Feierlichkeiten und Spiritualität begangen.

In der Adventszeit sind Kirchen und Straßen festlich geschmückt, und viele Gemeinden veranstalten Prozessionen, bei denen Bilder von Maria und anderen Heiligen durch die Straßen getragen werden. Traditionelle Lieder und Tänze begleiten diese Ereignisse, oft untermalt von Trommelklängen, die afrikanischen Einflüssen entstammen.

Ein besonderes Highlight sind die „Folia de Reis“ –, eine Tradition, die den Besuch der Heiligen Drei Könige nachstellt. Gruppen von Musikerinnen ziehen dabei von Haus zu Haus, singen Weihnachtslieder und bringen Segnungen. Oft werden sie von Gastgeberinnen mit Speisen und Getränken bewirtet, was das Gemeinschaftsgefühl stärkt.

Zur Vorbereitung auf Weihnachten gehört auch der Aufbau von kunstvollen Krippen, die in vielen Haushalten und Kirchen zu finden sind. Diese werden oft mit großer Hingabe gestaltet und erzählen die Weihnachtsgeschichte auf visuell beeindruckende Weise.

Fest der Lichter und der Gemeinschaft

Doch auf den Philippinen, dem größten christlichen Land Asiens, beginnt die weihnachtliche Stimmung bereits im September. Die Adventszeit selbst, die Mitte Dezember in den Mittelpunkt Vordergrund rückt, wird besonders durch die „Simbang Gabi“ geprägt, eine Serie von neun Frühmessen.

Die Messen finden oft vor Sonnenaufgang statt, und die Gläubigen versammeln sich mit handgefertigten Sternlaternen, den sogenannten „Parols“, die den Stern von Bethlehem symbolisieren. Diese Laternen gehören zu den wichtigsten Dekorationen der Weihnachtszeit und leuchten in allen Farben des Regenbogens.

Ein besonderes Spektakel bietet das „Giant Lantern Festival“ in San Fernando. Hier präsentieren verschiedene Gemeinden riesige, kunstvoll gestaltete Laternen, die oft synchron zur Musik aufleuchten. Dieses Lichterfest zieht jedes Jahr zahlreiche Besucher*innen an und symbolisiert Hoffnung und Freude.

Auch die Kulinarik spielt eine wichtige Rolle. Nach den Frühmessen werden traditionelle Speisen wie „Puto Bumbong“, ein klebriger Reiskuchen, angeboten, die oft in geselliger Runde genossen werden.

Ruhe und Spiritualität in Kerala

In Indien wird der Advent besonders in Kerala gefeiert, wo eine lebendige christliche Gemeinschaft existiert. Hier vereinen sich die Traditionen der syrisch-orthodoxen Kirche mit lokalen Bräuchen, die Jahrhunderte zurückreichen.

Während der Adventszeit bereiten sich die Gläubigen durch Fasten und Gebete auf Weihnachten vor. Kirchen erstrahlen in warmem Licht von Öllampen, und die Menschen kommen zu Gottesdiensten und gemeinsamen Gesängen zusammen.

In den Familien wird besonderes Augenmerk auf Gemeinschaft gelegt. Mahlzeiten wie „Appam“ und „Stew“, die mit Gewürzen und regionalen Zutaten zubereitet werden, sind ein fester Bestandteil der Adventstradition. Am Abend versammeln sich Familien und Freund*innen, um Adventslieder zu singen und die festliche Stimmung zu genießen.

Rollschuhe und Morgendämmerung

Hingegen wird der Advent in Venezuela auf fröhliche und einzigartige Weise gefeiert. Ein besonderes Merkmal ist die Tradition der „Misas de Aguinaldo“ –, Frühmessen, die zwischen dem 16. und 24. Dezember stattfinden.

Was diese Tradition besonders macht, ist die Anreise der Gläubigen zur Kirche – auf Rollschuhen. In den frühen Morgenstunden gleiten Kinder und Erwachsene durch die Straßen, die eigens für den Verkehr gesperrt werden. Entlang des Weges verteilen Anwohner*innen heiße Schokolade und traditionelle Speisen wie „Hallacas“ –, eine Art gefüllte Maistasche.

Nach den Messen geht die Feier oft mit Musik, Tanz und geselligem Beisammensein weiter. Die fröhliche Atmosphäre unterstreicht die Bedeutung der Gemeinschaft und die Freude über das bevorstehende Weihnachtsfest.

Einheit in Vielfalt: Was der globale Advent lehrt

Die Adventstraditionen weltweit zeigen eine beeindruckende Vielfalt, die tief in den Kulturen der Menschen verwurzelt ist. Vom stillen Fasten in Äthiopien bis zu den lebhaften Straßenfesten in Brasilien, von den bunten Laternen der Philippinen bis zu den ungewöhnlichen Rollschuhprozessionen in Venezuela – überall steht der Advent für Besinnung, Hoffnung und Gemeinschaft.

Diese Vielfalt lädt dazu ein, auch den eigenen Advent mit neuen Perspektiven und Impulsen zu bereichern. Ob durch spirituelle Rituale, kreative Traditionen oder das Öffnen für andere Kulturen – der Advent kann zu einer Feier der Einheit in der Vielfalt werden und eine universelle Botschaft von Zusammenhalt und Hoffnung vermitteln.

Teilen Teilen Teilen Teilen