Als ich die Nachrichten über den Angriff eines afghanischen Asylbewerbers hörte, fühlte ich, wie etwas in mir zerbrach. Von diesem Moment an wusste ich, dass diese Nachricht unser Leben verändern würde. Der Nachrichtensprecher berichtete über die jüngste Entscheidung des deutschen Parlaments und erwähnte dabei, dass diese Entscheidung im Zusammenhang mit dem Angriff eines afghanischen Asylbewerbers auf Kinder in der Stadt Aschaffenburg stehe. Da ich meinen Sohn Kaihan kenne, weiß ich, dass er bald mit einer Reihe von Fragen auf mich zukommen wird. In Gedanken gehe ich die möglichen Fragen der nächsten Tage durch und überlege, wie ich die Last, die die Gesellschaft ihm für ein Verbrechen, das er nie begangen hat, aufbürden wird, verringern kann. Aber ich weiß, dass es fast unmöglich sein wird. Die Gesellschaft ist daran gewöhnt, in solchen Fällen zu verallgemeinern und die Grenze zwischen „uns“ und „den anderen“ deutlich zu ziehen.
Am nächsten Tag sieht mich Kaihan mit entschlossenem Gesicht und zusammengezogenen Augenbrauen an und sagt mit einer Stimme, die von Sorgen durchzogen ist: „Papa, wann gehen wir nach Afghanistan zurück?“ Ich weiß, dass ihn diese Frage die ganze Nacht beschäftigt hat und dass diese Worte das Ergebnis all seiner Analysen sind. Seine Frage besteht aus nur sechs Worten, ist aber direkt und präzise. Doch in meinem Kopf spielt sich ein ganzes Buch ab, und als ich antworten will, finde ich keine Worte.
Kurz darauf zeigt mit ein Freund eine Nacheicht auf seinem Handy. „Sieh mal“, sagte er und seufzt, „das ist die Nachricht, die ich gestern Abend bekommen habe. Er hat geschrieben, dass er nicht mehr zu uns nach Hause kommen kann.“ Seine Hände waren fest ineinander verschränkt, und ich konnte nichts dazu sagen. Der Freund hatte geschrieben: „Wenn wir uns noch einmal treffen, dann sicher nicht mehr in deinem Haus, sondern draußen.“
Am nächsten Tag sprach meine Frau mit ihrer syrischen Freundin, die sagte, dass sie früher jeden Abend spazieren ging, aber jetzt aus Angst vor den Reaktionen von Extremisten nicht mehr den Mut dazu hat, das Haus zu verlassen. Wenn du jetzt auf die Straße gehst, sind die Blicke schwerer als je zuvor. Jeder Schritt, den ich mache, fühlt sich an, als würden unsichtbare Steine auf mich geworfen. Manchmal ändere ich meinen Weg und nehme längere, aber ruhigere Strecken. Es ist, als hätte ich selbst akzeptiert, ein Verbrecher zu sein, der sich von der Öffentlichkeit fernhalten muss.
Ich denke an Politikerinnen, die anstatt die realen Probleme zu lösen, lieber die Schuld auf uns schieben. Politikerinnen, die anstatt die Wirtschaft zu reformieren und die Energiekrise zu bewältigen, Migrantinnen als Sündenböcke benutzen. Sie erinnern mich an die afghanischen Politikerinnen!
Der Tod eines Menschen ist vielleicht das Bitterste, was der Menschheit widerfahren kann, und es gibt kaum Worte, die die Schrecken und das Leid ausdrücken können, wenn jemand ein Kind tötet. Meine Gedanken wandern zurück zu den tragischen Momenten in Aschaffenburg. Plötzlich hallten wieder Schüsse in meinem Kopf, und ich erinnerte mich an das Weinen der Mütter, das das Lächeln der Neugeborenen ersetzt hatte, Mütter, die selbst im Blut lagen. Es war im Jahr 2020, als Terroristen in eine Entbindungsstation in Kabul eindrangen und 24 neugeborene Babys und schwangere Frauen töteten sowie 16 weitere Menschen verletzten. Die Gesellschaft war schockiert, aber unsere Kinder waren zum Sterben verurteilt, weil wir angeblich für demokratische Werte kämpften – etwas, das für die Extremisten als Ketzerei galt und dessen Auslöschung ihnen den Weg zum Paradies ebnen sollte.
Kabul liegt vielleicht Tausende von Kilometern entfernt, aber Angst und Hass kennen keine Grenzen. Jetzt, hier in Deutschland, fließt dieselbe Angst durch meinen Geist.
Menschen, unabhängig von ihrer Hautfarbe oder Nationalität, können überall auf der Welt Opfer von Gewalt werden. Ich denke mir: Vielleicht sind die Eltern dieses ermordeten marokkanischen Kindes ebenfalls vor solchen Gräueltaten geflohen, um in Deutschland eine sichere Zukunft aufzubauen. Doch nun ist dieses unschuldige Kind nicht mehr unter uns. Laut Polizei war der Täter kein Terrorist, sondern eine psychisch kranke Person, die aufgrund von Mängeln oder Versagen im Gesundheitssystem unbeaufsichtigt blieb. Das soll die individuelle Verantwortung des Täters nicht mindern, aber es stellt die Frage: Hätte diese Tragödie verhindert werden können, wenn der Täter rechtzeitig die notwendige Behandlung erhalten hätte?
Da ich Sozialwissenschaften studiere, setze ich meine soziologische Brille auf und frage mich: Ist dies die „moralische Panik“, die ich an der Universität lerne? Aber wenn du selbst im Zentrum davon stehst, ist es mehr als nur ein wissenschaftlicher Begriff – du spürst die Bitterkeit in jedem Blick, jedem Flüstern und jeder Schlagzeile.
Für mich ist es jedoch die populistische Politik der Politikerinnen, die alles dem Machtstreben opfert, die unerwartet bitter ist. Dies ist nicht das, was ich in Deutschland erwartet hatte. Die Politikerinnen kennen die andere Seite der Medaille. Sie wissen, dass Verbrechen individuell sind und die Unschuldigen nicht darunter leiden sollten.
Doch trotzdem predigen sie Hass. Sie wissen genau, dass ihre Worte und die Erwähnung der Nationalität eines Verbrechers Unschuldige gefährden können, und dennoch wählen sie die einfache, gefährliche Rhetorik.
Ich frage mich: Wird mein Kind irgendwann glauben, dass es allein wegen seiner afghanischen Herkunft schuldig ist? Solche verinnerlichten Schuldgefühle könnten dazu führen, dass sich die nächste Generation ebenfalls nicht integrieren kann.
Die Geschichte hat uns wiederholt gezeigt, dass populistische Politikerinnen Krisen nutzen, um Feindbilder zu schaffen. Von den Jüdinnen im Deutschland der 30er bis zu den heutigen Migrant*innen – das Opfern von Minderheiten wird als einfache Lösung präsentiert. Wie lange müssen wir noch die Last einer Schuld tragen, die wir nie auf uns geladen haben? Vielleicht wird eines Tages Kaihan selbstbewusst auf der Straße spazieren gehen, ohne sich vor den schweren Blicken fürchten zu müssen.
Aber dieser Tag erfordert Veränderung – eine Veränderung, die heute beginnen muss und von Menschen getragen wird, die nicht auf die populistischen rechten Politiker*innen hereinfallen und an die menschlichen Werte glauben.