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Welche Rolle spielt Russland aktuell in Syrien?

Die syrische Stadt Hama ist ins Zentrum der Kampfhandlungen gerückt. Russland hat einige Schiffe aus Syrien zurückgezogen. Welche Rolle spielt Russland in diesem Konflikt?

Welche Rolle spielt Russland aktuell in Syrien?
Fotograf*in: Graphik: Amad Hamed

Der Krieg geht weiter und jetzt rückt Hama als Stadt ins Zentrum. Die syrischen Rebellen und islamistische Gruppen versuchen, die Kontrolle über Hama zu gewinnen und dabei mit der Versorgung, wie etwa Brot, zu beginnen. Doch die Sicherheit ist weiterhin ungewiss, besonders in der Nähe der kurdischen Gebiete in Aleppo. Dort verteidigen sich die Kurden, aber es wurden auch drei Zivilist*innen getötet.

Die große Frage richtet sich an Russland: Laut neuen Berichten hat Russland einige Schiffe von Syrien zurück nach Russland verlegt. Hat Russland Angst? Oder wollen sie sich aus Syrien zurückziehen? Das bleibt unklar, insbesondere da russische Luftangriffe weiterhin Dörfer in Hama treffen. So meldete die dpa gestern, dass der Fotograf Anas Alkharboutli, der seit 2017 für die dpa aus Syrien berichtete, durch einen Luftangriff getötet wurde. „In seinen Bildern lebt die Hoffnung auf eine bessere Zukunft weiter“, heißt es in der Pressemitteilung.

In diesem Beitrag möchte ich dir mehr über die Rolle Russlands in dem Konflikt erzählen.

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Aleppo als Symbol des syrischen KonfliktsZwischen 2012 und 2016 war Aleppo Schauplatz intensiver und zerstörerischer Kämpfe, die den Höhepunkt des syrischen Bürgerkriegs markieren. Nachdem russische Truppen 2015 auf der Seite Assads eingegriffen hatten, konnte das syrische Regime im Jahr 2016 die Stadt zurückerobern und die Rebellen zum Rückzug zwingen.

Die Rückeroberung Aleppos wurde durch monatelange intensive Luftangriffe ermöglicht und in Moskau als großer militärischer Erfolg gefeiert. Präsident Wladimir Putin schrieb diesen Sieg direkt den russischen Streitkräften zu und erklärte: „Es besteht kein Zweifel, dass die Befreiung Aleppos von extremistischen Gruppen durch den direkten Einsatz und den entscheidenden Einfluss unserer Streitkräfte erreicht wurde.“

Doch mit der schwindenden Macht Assads steht Russlands größter Erfolg in Syrien – die Unterstützung des Regimes und der damit verbundene Ruf als verlässlicher Verbündeter – zunehmend auf dem Spiel.

Russlands Ansehen unter DruckHanna Notte, Expertin für Russland und den Nahen Osten, betonte, dass der schnelle Fall Aleppos und die humanitären Katastrophen, die damit einhergingen, Russlands Ansehen im Nahen Osten nachhaltig beschädigen könnten.

Seit seinem militärischen Eingreifen in Syrien im Jahr 2015 inszenierte sich Russland als Rückkehrer auf die Weltbühne und als entscheidender Akteur im Nahen Osten. Das Eingreifen verschaffte Moskau sowohl militärischen Einfluss als auch Zugang zu geopolitischen und wirtschaftlichen Ressourcen in der Region.

Doch die Verlagerung des militärischen Fokus auf den Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Ressourcenknappheit setzen Russlands Strategie in Syrien unter Druck.

Syrien als Testfeld für russische StrategienDer syrische Konflikt diente Russland als Bühne, um neue militärische Strategien zu erproben, darunter den Einsatz der Wagner-Gruppe, die sowohl militärische Operationen durchführte als auch wirtschaftliche Netzwerke in Syrien aufbaute. Dieses Modell wurde später auf afrikanische Länder wie Libyen und Mosambik ausgeweitet.

Mit dem Beginn des Ukraine-Krieges 2022 musste Russland jedoch Teile seiner Truppen aus Syrien abziehen, darunter spezialisierte Flugzeuggeschwader und Raketenabwehrsysteme. Der Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin im Sommer 2023 führte zudem zur Umschichtung von Söldnern in andere Konfliktgebiete.

Neue Herausforderungen für AssadDer 7. Oktober 2023 markierte eine Wende: Israels verstärkte Angriffe auf iranische und Hisbollah-Stellungen in Syrien destabilisierten Assads Verbündete und eröffneten Rebellen neue Möglichkeiten. Gleichzeitig verschlechterten sich die Verteidigungslinien des Regimes, das durch jahrelange Kämpfe und interne Spannungen geschwächt ist.

Moskau reagierte auf die jüngste Eskalation mit verstärkten Luftangriffen auf Hochburgen der Opposition in Aleppo und Idlib. Dennoch bleibt unklar, ob Russland bereit oder in der Lage ist, zusätzliche Ressourcen nach Syrien zu entsenden.

Die jüngste Offensive der syrischen Opposition spiegelt größere geopolitische Verschiebungen wider: Neben der Schwächung des Iran in der gesamten Region durch den indirekten Krieg gegen Israel und der Beschäftigung der russischen Armee in der Ukraine, die nur einfache Soldaten nach Syrien entsendet, liegt ein zentraler Grund für die schnellen und weitreichenden Entwicklungen in Syrien in der Schwäche der syrischen Armee.

Die humanitäre Lage spitzt sich zu

Heftige Kämpfe zwischen oppositionellen Rebellen, unter anderem der islamistischen Miliz Hayat Tahrir Al-Sham (HTS) und dem Regime von Bashar Al-Assad, unterstützt von russischen und iranischen Kräften, haben eine verheerende humanitäre Krise ausgelöst. Tausende Zivilist*innen sind auf der Flucht, während die Versorgungslage immer dramatischer wird.

Zukünftige SzenarienDie Entwicklung in Syrien bleibt ungewiss, doch es zeichnen sich mehrere Szenarien ab:

  1. Starke Gegenoffensive des Regimes: Russland und Iran könnten Assad umfassend unterstützen, doch dies ist angesichts ihrer Belastungen unwahrscheinlich.
  2. Ausweitung der Kämpfe: Die Opposition könnte weitere strategische Gebiete erobern und das Regime weiter destabilisieren.
  3. Politische Lösung: Eine Einigung zwischen regionalen und internationalen Akteuren könnte zu einer neuen Machtverteilung führen.
  4. Rückkehr zu Verhandlungen: Direkte Gespräche zwischen Regime und Opposition unter UN-Vermittlung könnten wiederaufgenommen werden.

Die kommenden Wochen werden zeigen, wie Russland, der Iran und die Türkei auf die Entwicklungen reagieren und welche Auswirkungen dies auf die geopolitische Dynamik im Nahen Osten haben wird.

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