Zum Inhalt springen
4 Min. Lesezeit kohero News

Warum macht kohero so viel?

Wir bei kohero machen viel – aber warum eigentlich? Lohnt es sich, so viele verschiedene Projekte gleichzeitig am Laufen zu haben? Wir sagen ja – Chefredakteur und Gründer Hussam erklärt, warum.

Warum macht kohero so viel?
Fotograf*in: privat

In letzter Zeit habe ich oft die Frage bekommen: „Warum macht kohero so viel? Kann das überhaupt gut sein? Ihr müsst euch fokussieren.“

Ich möchte hier darauf antworten.

Zuerst, für diejenigen, die nicht wissen, was kohero ist: Wir sind eine gemeinnützige Plattform, die über Flucht und Migration berichtet. Wir fokussieren uns auf migrantische Perspektiven, Geschichten und Erfahrungen. Das machen wir, weil Zusammenhalt jede Stimme braucht. Und ja, man könnte auch von einer Marktlücke sprechen. Diese Lücke gibt es, weil die meisten Medien sie nicht füllen – entweder weil sie nicht wollen oder weil sie nicht wissen, wie sie das machen sollen.

Wir sind eine crossmediale Plattform

Diese Arbeit stemmen wir mit einer Vollzeit- und zwei Teilzeitstellen, einem Minijob und zehn freien Journalist*innen. Ja, das ist viel. Aber wir machen das nicht, weil wir es wollen, sondern weil wir es müssen.

kohero startete 2017 als Webseite, damals noch unter dem Namen Flüchtling. 2018 haben wir unsere erste Printausgabe erstellt – als Dankeschön und Geschenk für unsere Spender*innen. Dabei haben wir erkannt, dass wir mit Printausgaben eine völlig andere Zielgruppe erreichen können, die wir weder über die Webseite noch über Facebook erreichen konnten.

Print war für uns nicht nur ein Geschenk, sondern auch ein wichtiges Medium, um uns bekannt zu machen. Es war ein teures Produkt, aber ein wertvolles, da wir die Magazine kostenlos in vielen Kulturhäusern verteilt haben. Wir hatten gehofft, dass diese Kulturhäuser Abos bei uns abschließen würden. Aber die Kulturhäuser waren nicht bereit, eine migrantische Plattform zu unterstützen und ihren Besucher*innen eine andere Perspektive zu bieten. Warum? Weil sie Angst haben? Weil es neu für sie wär? Weil sie … was sagst du?

Deswegen haben wir die Magazine bis 2023 kostenlos verteilt. Doch als unsere Finanzierung dies nicht mehr ermöglichte, haben wir einen Online-Shop eingerichtet, um unsere Printausgaben zu verkaufen. Zusätzlich haben wir weitere Produkte entwickelt, um unserer Community mehr Auswahl zu bieten und mehr Bestellungen zu generieren.

2019 hat kohero beschlossen, Podcasts zu produzieren. Damals waren Podcasts in Deutschland noch nicht sehr bekannt und es gab nur wenige auf dem Markt. Inspiriert vom amerikanischen Markt, wo Podcasts schon weit verbreitet waren, haben wir gesagt: „Lasst uns das ausprobieren.“ Mit der Zeit hat kohero migrantische Podcasts wie den curry on !-Podcast als Community-Podcast für die südasiatische Diaspora entdeckt, was für uns besonders spannend war.

2020 kam dann der Relaunch des Flüchtling-Magazins zu kohero, um den Fokus stärker auf migrantische Communities in ihrer Vielfalt zu legen. Aber wie erreicht man diese?

Es gibt nicht die eine migrantische Community, sondern viele verschiedene. Deshalb versuchen wir, unterschiedliche Gruppen mit passenden Formaten anzusprechen. Gleichzeitig setzen wir auf freien Journalismus mit migrantischen Geschichten, weil wir selbst als Redaktion nur begrenzte Ressourcen haben. Mit nur zweieinhalb Stellen produzieren wir Printausgaben, Podcasts und Newsletter, wie die wöchentlichen migrationsnews. Der Rest wird von freien Journalist*innen und durch externe Mitarbeitende abgedeckt.

Das ist nicht nur eine Frage der Ressourcen, sondern auch eine Reaktion auf neue Trends wie die Personalisierung von Medien. Nach Corona hat sich gezeigt, dass Menschen sich stärker mit einzelnen Journalistinnen identifizieren als mit ganzen Redaktionen. Wir haben früh angefangen, diesen Trend aufzugreifen, mit Formaten wie dem Newsletter migrantisch gelesen über migrantische Literatur von Omid oder roots & reels über Filme und migrantische Filmemacherinnen von Schayan. Gleichzeitig möchten wir aber auch Formate mit der gesamten Redaktion aufbauen, wie migrationsnews oder unsere Printausgaben.

Fast jede Woche melden sich neue Menschen bei uns, die mit uns arbeiten oder uns unterstützen wollen. Ihre persönlichen Geschichten inspirieren mich immer wieder und führen oft zu neuen Ideen und Formaten. Ein Beispiel ist der Newsletter mehrheimisch, der sich mit Kindern und Eltern beschäftigt, die in verschiedenen Kulturen aufgewachsen sind. Ein weiteres Beispiel ist der Newsletter nelken & nostalgie, in dem unsere Community Rezepte teilt – verbunden mit persönlichen Geschichten und Erinnerungen an ihre Heimat oder Familienessen. Diese Formate sind emotional und schaffen eine starke Verbindung zur Community.

Ein weiteres wichtiges Projekt ist unser Schreibtandem, bei dem wir geflüchtete Menschen mit deutschsprachigen Partnerinnen verbinden, um gemeinsam Artikel zu schreiben. Die Idee entstand, als ich kohero gegründet habe: Mein Deutsch war damals nicht gut und meine Texte und Artikel benötigten viel Lektorat, damit die Leserinnen sie verstehen konnten.

Mit der Zeit haben wir nicht nur Geschichten von geflüchteten Menschen veröffentlicht, sondern auch Geschichten von Migrantinnen der zweiten und dritten Generation. So entstand die Idee, das Schreibtandem weiterzuentwickeln: Wir möchten junge Migrant*innen dazu ermutigen, sich für den Journalismus zu interessieren, indem wir sie mit erfahrenen Autor*innen zusammenbringen. Sie können dadurch an einem oder mehreren Texten arbeiten und erste Erfahrungen sammeln.

Für das Schreibtandem braucht es jedoch mehr Unterstützung beim Schreiben, da viele zwar Geschichten haben, aber nicht wissen, wie sie diese aufschreiben sollen. Deshalb haben wir unser schreibkafé eingeführt, bei dem die Tandems oder andere Mitglieder der kohero-Community zusammenkommen, schreiben und durch Workshops begleitet werden.

Da unsere Türen für alle Interessierten, unabhängig von ihrem Können als Journalist*in, offenstehen und wir viele junge Menschen begrüßen, die noch keine Erfahrung mit dem Schreiben haben, haben wir auch die Workshop-Reihe Journalismus 1x1 entwickelt. Unsere Redaktionsleiterinnen Natalia und Sarah bieten hier Workshops an, die die Grundlagen des Journalismus erklären, z. B. welche Formate es gibt, wie man einen Pitch schreibt und vieles mehr.

Das alles zeigt, warum wir so viel machen:

  1. Vielfalt der Ziele und unserer Zielgruppe: Unsere Ziele, wie auch unsere Zielgruppe(n), sind sehr vielfältig, und wir brauchen verschiedene Formate, um unsere Community zu erreichen. Um überhaupt wachsen und bestehen zu können, mussten wir uns zu einer crossmedialen Plattformen entwickeln.
  2. Kreativität und Mut: Wir sind sehr kreativ und entdecken frühzeitig neue Themen und Trends. Das macht kohero besonders, weil wir den Mut haben, neue Dinge auszuprobieren.
  3. Finanzielle Notwendigkeit: Da nur 10 bis 30 % unserer Finanzierung aus Fördermitteln kommen (weil 1. migrantische Formate oft als „nicht cool genug“ angesehen werden, weil wir 2. mit anderen migrantischen Projekten in direkter Konkurrenz bei Förderungen stehen und 3. unsere Themen von nicht-betroffenen Entscheider*innen als weniger relevant gesehen werden), müssen wir kreativ bleiben und verschiedene Einnahmequellen erschließen. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, innovativ zu sein.
  4. Auf einem Markt, in dem es große etablierte Medien und Verlage gibt, bedienen wir ein Nischenthema, um neue Menschen zu erreichen. Dieses vielfältige Nischenthema erfordert unterschiedliche Formate.

Doch um es deutlich zu sagen: Wir befinden uns in einer finanziellen Krise und benötigen dringend Geld für das nächste Jahr. So wie es derzeit aussieht, können wir so nicht weitermachen.

Wie du siehst, gibt es viele Gründe, warum wir auf diese Formatvielfalt setzen. Wenn du möchtest, dass kohero auch in Zukunft weiter besteht und wir unsere wichtige Arbeit weitermachen können, unterstütze uns! Wir brauchen dringend neue Member, die uns regelmäßig finanziell unterstützen und außerdem größere Spenden, die uns in den nächsten Monaten absichern. Unterstütze kohero hier: https://www.kohero-magazin.de/membership/

Shukran!

Teilen Teilen Teilen Teilen