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Waffenstillstand in Gaza

Die migrationsnews von kohero sind dein wöchentlicher Nachrichtenüberblick zu den Themen Flucht und Migration. Diese Woche schreibt Ahmad über den Waffenstillstand in Gaza. Außerdem: Große Demonstrationen gegen Rechts.

Waffenstillstand in Gaza
emad-el-byed-oSb8BzdgIyw-unsplash

„Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Tag überleben würde“, sagt ein Journalist aus Gaza. Er beschreibt seine Gefühle, nachdem der Waffenstillstand im Gazastreifen in Kraft getreten ist. Der Krieg ist jetzt zu Ende. Ein Krieg, der 471 Tage gedauert hat, in denen laut OCHA mehr als 47.000 Palästinenser*innen getötet, 10.000 verletzt und etwa zwei Millionen Binnengeflüchtete wurden.

In den vergangenen 15 Monaten wurden 92 Prozent der Wohnhäuser im Gazastreifen teilweise oder vollständig zerstört. Aber auch Krankenhäuser, Universitäten, Schulen, Moscheen und Kirchen wurden zerbombt. Die UNO schätzt, dass der Wiederaufbau des Gazastreifens bis zu 15 Jahre dauern wird. Die Kosten dafür werden auf über 80 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das umfasst den Bau von Häusern, die Wiederherstellung der Infrastruktur, der Landwirtschaft und des fast vollständig zerstörten Gesundheitssystems.

Doch unmittelbar nach Beginn des Waffenstillstands haben die Menschen in Gaza andere Gedanken. Im Netz verbreiten sich Videos und Fotos, die zeigen, wie Palästinenser*innen sich direkt auf den Weg gemacht haben – zu ihren Häusern. Doch ob diese noch stehen, wissen die meisten nicht. Ein gemischtes Gefühl aus Freude, Stolz, aber auch Angst vor der Zukunft.

Hat jemand diesen Krieg gewonnen?Gestern ist der Waffenstillstand in Kraft getreten und damit beginnt die Debatte, wie dieses Ende zu nennen ist, ohne den geringsten Respekt für all das, was die Menschen in Gaza durch Bombardierungen, Verbrennungen, Hunger und Kälte erlitten haben.

Trotz des Leids hat die israelische Regierung ihre erklärten Ziele nicht erreicht: Die Hamas wurde nicht zerschlagen, die Geiseln wurden durch die Militäroperation nicht freigelassen und die Kontrolle über den Gazastreifen wurde nicht gewonnen. Auch die Slogans, die aus diesem Krieg hervorgingen – kein Rückzug aus Gaza, kein Deal mit der Hamas, keine Rückkehr der Vertriebenen in den nördlichen Gazastreifen, keine Aufhebung der Belagerung, kein Rückzug von der Philadelphia-Achse – wurden mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens im Meer von Gaza versenkt.

Der Krieg hat den Gazastreifen zerstört und ganze Familien aus dem Einwohnermelderegister gestrichen. Trotzdem stehen die Palästinenser*innen in Gaza auf den Trümmern ihrer Häuser, hissen ihre Flagge, halten das Siegeszeichen hoch, feiern und sind überzeugt, dass sie ihre Häuser wieder aufbauen können.

Einige werden feiern, andere werden ihre Verluste beklagen. Man kann dieses Ende nennen, wie man will. Sieg oder Niederlage. Das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist, dass die Palästinenser*innen in Gaza nun Zeit haben, in Ruhe um ihre Angehörigen zu trauern. Der kleine Gazastreifen ist in weniger als anderthalb Jahren zum Spiegel einer Welt geworden ist, die sich selbst nicht mehr so sieht, wie sie einmal war.


Bundesregierung nimmt Obdachlosigkeit und soziale Not von Geflüchteten in KaufAus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger geht hervor, dass die deutsche Regierung bereit ist, Obdachlosigkeit bei nach Deutschland geflüchteten Menschen, deren Asylantrag unter das Dublin-Verfahren der Europäischen Union fällt, bewusst als Druckmittel einzusetzen, um ihre Ausreise zu erzwingen. Laut den Regelungen der im Zuge des Solinger Anschlags 2024 verabschiedeten Sicherheitspakets können geflüchtete Menschen in Dublin-Fällen, die zur Ausreise verpflichtet sind, nach zwei Wochen sämtliche staatlichen Leistungen, einschließlich Unterkünften, verlieren. Drohende Obdachlosigkeit wird dabei nicht als Härtefall anerkannt, da diese laut Bundesregierung „alle gleichermaßen betreffen kann“.

Clara Bünger bezeichnet diese Praxis in der taz als „menschenverachtend“ und „zynisch“, insbesondere da auch Kinder und Familien betroffen sein könnten. Die Bundesregierung verteidigt ihre Haltung, dass die Betroffenen in das zuständige EU-Land zurückkehren sollten, wo sie die ihnen zustehenden Leistungen erhalten würden. Bünger kritisiert scharf, dass die Menschen durch diese Regelung in „Obdachlosigkeit und Perspektivlosigkeit“ gedrängt werden. Einzelne Landesregierungen, wie etwa die von Rheinland-Pfalz, haben verfassungsrechtliche Bedenken geäußert und fordern zumindest die Gewährung von Überbrückungsleistungen.

Tausende demonstrieren in Karlsruhe gegen „Abschiebetickets“ der AFDAm Sonntag (19.01) demonstrierten Tausende in Karlsruhe gegen eine AFD Wahlkampfaktion. Die AFD des Kreisverbandes Karlsruhe verschickte eine Vielzahl von ,Abschiebetickets’ an Menschen mit ,ausländisch’ klingendem Namen. Nun ermittelt die Polizei wegen Volksverhetzung. Die Tickets erinnern an eine Aktion der rechtsextremen NPD vor etwa 10 Jahren. Auch zur Zeit des NS-Regimes wurden ähnliche Deportationstickets an jüdische Menschen verteilt.

Die Demonstration in Karlsruhe sei friedlich und voller Zuspruch und Zusammenhalt verlaufen, teilte Mitorganisator Ahmad Hawarnah mit. Laut Polizei nahmen etwa 3.500 Menschen teil, die Veranstalter*innen sprachen von etwa 5.000 Demonstrierenden.

BAMF und Kirchengemeinden liegen bei Beurteilung des Kirchenasyls oft weit auseinanderLaut Angaben deutscher Kirchengemeinden liegen die Beurteilungen von Kirchenasylanträgen bei den Gemeinden und der BAMF häufig weit auseinander. Dies berichtet das Migazin. Im letzten Jahr erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nur einen von mehr als 2.000 Kirchenasyl-Fällen als Härtefall an. Christian Stäblein, Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), wirft dem BAMF die Ablehnung vom Asylrecht vor: „Man kann auch von Behörden erwarten, dass Einzelfälle berücksichtigt werden“, sagt Stäblein.

Die Zahl der Kirchenasyle ist verglichen mit dem Vorjahr um etwa 300 Fälle gestiegen. Es handle sich überwiegend um Dublin-Fälle, das heißt, dass eigentlich ein anderer europäischer Staat zuständig für das Asylverfahren Betroffener sei. Trotz der Ablehnungen des BAMF enden Kirchenasyle allerdings meistens erfolgreich, weil Betroffene erst nach der „Dublin-Überstellungsfrist“ die Gemeinden verlassen und dann nicht mehr abgeschoben werden können.

Radikale Kürzungen in SprachkursangebotenDie Bundesregierung hat ab Mai dieses Jahres massive Kürzungen bei den Integrationskursen für Geflüchtete und Eingewanderte beschlossen, was vor allem Frauen, Eltern und Jugendliche stark betrifft. Reine Frauenkurse werden laut der taz abgeschafft, ebenso wie spezifische Angebote für Eltern und Jugendliche. Künftig wird es nur noch in Ausnahmefällen 900-Stunden-Kurse geben, der Regelumfang wird auf 600 Stunden reduziert. Judith Geipel, Geschäftsführerin des Bildungsträgers „BI Bildung und Integration Hamburg Süd“ kritisiert die Kürzungen scharf und bezeichnet sie als „zutiefst frauenfeindlich“. Sie betont, dass der Großteil der Care-Arbeit bei Frauen liege und diese deshalb längere Kurse benötigten, um trotz familiärer Verpflichtungen Deutsch lernen zu können.

Zudem sieht Geipel in der Abschaffung der Frauenkurse eine Ignoranz gegenüber der „strukturellen Benachteiligung von Frauen“. Laut ihr seien Deutschkurse für viele geflüchtete Frauen „Räume des Empowerments“ gewesen, die nun wegfallen.

Besonders problematisch sind auch die Kürzungen bei den Wiederholerkursen. Bislang konnten Teilnehmer*innen, die die B1-Prüfung nicht bestanden hatten, ein zusätzliches 300-Stunden-Modul absolvieren. Diese Möglichkeit entfällt nun größtenteils. Die Kürzungen sollen, laut Regierung, Einsparungen von 758 Millionen Euro über fünf Jahre ermöglichen, davon 479 Millionen allein durch die Streichung der Wiederholerkurse. 126 Millionen Euro sollen durch das Ende der spezifischen Kurse für Frauen, Eltern und Jugendliche eingespart werden.

Sachsen-Anhalt: CDU verhindert Bestattungen nach muslimischer und jüdischer TraditionBei der Reform des Bestattungsgesetzes in Sachsen-Anhalt könnte ein zentraler Aspekt auf der Strecke bleiben, berichtet das Migazin. Grund dafür ist die CDU. Die Fraktion lehnte zuletzt die Aufhebung der Sargpflicht ab –  obwohl diese im Koalitionsvertrag der schwarz-rot-gelben Landesregierung am 23. April 2023 beschlossen wurde. Dort hieß es nämlich, es würde eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts angestrebt, um der Vielfalt der Religionen gerecht zu werden. Im Islam und im Judentum besteht der Brauch, verstorbene Familienmitglieder in Tüchern zu bestatten. Dieser Brauch hat einen großen emotionalen Wert.

Die CDU begründete ihren Beschluss unter anderem mit den Unsicherheiten der Bodenstruktur und dem Verwesungsprozess. In einigen anderen Bundesländern ist das Gesetz aber bereits abgeschafft.

Hamburger*innen gegen Rechts: Tausende demonstrieren gegen Weidel-BesuchAm letzten Donnerstagabend versammelten sich über 16.000 Menschen in der Hamburger Innenstadt, um gegen den Besuch der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel im Hamburger Rathaus zu protestieren. Unter dem Motto „Alle gegen Faschismus! Alle gegen Alice Weidel!” marschierten Tausende von Menschen vom Hauptbahnhof bis zur Bannmeile rund um den Rathausmarkt, die von der Polizei abgesperrt wurde. Ursprünglich hatte die Gruppe “Hamburger Bündnis gegen Rechts” 250 Teilnehmende angemeldet, tatsächlich anwesend waren bis zu 20.000 Demonstrierende. Die Polizei sprach von „mehr als 16.000“ Teilnehmer*innen.

Die Demonstration verlief überwiegend friedlich, es kam jedoch vereinzelt zu Auseinandersetzungen. Ein Polizeisprecher berichtete von Versuchen, die Absperrung zu durchbrechen, worauf die Polizei mit Pfefferspray und körperlichem Einsatz reagierte. „Die Empörung ist groß in der Stadt“, erklärte Deniz Celik von der Hamburger Linksfraktion der taz, der als parlamentarischer Beobachter vor Ort war. Trotz der Kälte habe die hohe Teilnehmerzahl gezeigt, dass „ein großes Bedürfnis besteht, ein Zeichen gegen Faschismus, die AfD und ihre hetzerische Rhetorik gegen Minderheiten zu setzen“.

Das Hamburger Bündnis gegen Rechts forderte zudem in einem offenen Brief die städtische Betreibergesellschaft der Friedrich-Ebert-Halle auf, einen Vertrag mit der AfD für eine Veranstaltung mit Tino Chrupalla, Vorsitzender der AFD-Bundestagsfraktion, am kommenden Sonntag zu kündigen.

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