Zum Inhalt springen
3 Min. Lesezeit Newsletter

Über Okroschka und die Migrationsbiografien meiner Familie

Im Newsletter „nelken & nostalgie“ geht es um die Rezepte, die uns besonders am Herzen liegen und die Seele wärmen. So ein Gericht stellt Anjuli diesmal vor: Okroschka nach der Art ihrer Familie.

Über Okroschka und die Migrationsbiografien meiner Familie
Fotograf*in: privat

Heute teilt unsere Autorin Anjuli ein Familienrezept, das sie besonders im Sommer gerne zubereitet. Bei kohero schreibt Anjuli in ihrem Newsletter zwischen welten alle 14 Tage über das Leben und Sterben in der Diaspora – ein Thema, das bisher gerade in migrantischen Kontexten noch viel zu wenig besprochen wird. Wenn du mehr über den Umgang mit dem Tod und Bestattungsrituale verschiedener Religionen und Diasporen erfahren möchtest, kann ich dir ihren Newsletter sehr ans Herz legen. Hier kommst du zur Anmeldung.

Doch zurück zur heutigen Ausgabe von nelken & nostalgie: Anjulis Version vom Okroschka ihrer Familie hält sich nicht an bestimmte Mengenangaben, sondern gibt viel Raum, einfach auszuprobieren, was am besten schmeckt. Außerdem teilt Anjuli ihre Gedanken zu den Migrationsbiografien in ihrer Familie.

Wenn du Feedback zum Newsletter hast, schreib mir via natalia@kohero-magazin.de. Und wenn du ein eigenes Rezept aus deiner Heimat hier im Newsletter teilen möchtest, schick mir deine Idee gerne hier.

Jetzt wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen und Nachkochen!

Deine Natalia

Über Okroschka und die Migrationsbiographien meiner Familie

Eines meiner liebsten Gerichte ist ein Familienrezept, das ich gerne im Sommer, wenn es richtig heiß ist, zubereite. Es ist der Okroschka, einer osteuropäischen kalten Suppe, sehr ähnlich. Bei uns hat mein Opa gekocht. Er ist im heutigen Kaliningrad (damals Königsberg, Ostpreußen) aufgewachsen, bevor er von dort im 2. Weltkrieg mit seiner Familie geflüchtet ist. Mit 13 Jahren musste er die Flucht seiner Familie komplett allein organisieren.

Im Sommer gab es bei meinen deutschen Großeltern jeden Tag Kefir, einfach zum Trinken, oft auch in Form dieser Suppe und dazu Kartoffelpuffer. Das Rezept hatte mein Opa von seiner Mutter, und auch meine Mutter trinkt fast jeden Tag Buttermilch – für die Haut und die Verdauung, wie sie sagt.

Viele Menschen, neue und alte Bekannte, beschränken meine Identität auf meine indische Familie väterlicherseits, weil mein Name und mein Aussehen (zumindest für weiße Menschen, für die meisten anderen Menschen bin ich ziemlich offensichtlich weiß) ihnen das so vorzugeben scheint. Tatsächlich bin ich hauptsächlich mit meiner deutschen Familie aufgewachsen und habe daher viel von ihr geerbt: Religion, Bräuche, sozialer und politischer Hintergrund, Essen, usw.

In letzter Zeit setze ich mich, nachdem ich mich die letzten vier Jahre in meinem Südasienstudium viel mit meiner indischen Herkunft beschäftigt habe, mit meiner deutschen Herkunft auseinander. Ich bin sehr dankbar, dass meine Mutter eine hervorragende Quelle nicht nur für unsere persönlichen Familiengeschichten, sondern sich auch für Geschichte und Politik sehr begeistert. Sie hat in Kaliningrad Ahnenforschung betrieben, und auch ich würde gerne einmal dort hinreisen.

Das Rezept: Anjulis Version von OkroschkaMein Familienrezept ist ziemlich simpel, ich habe es aber im Laufe der Zeit mit ein paar Tipps und Tricks von @russischraclette „gepimpt“:

Zutaten:

Kefir (gibt es auch vegan von Sojade)

kaltes Sprudelwasser

Tomaten

kleine Gurken

Schafskäse (fügt meine Mama immer hinzu)

Frühlingszwiebeln (ich vertrage keine Zwiebeln, daher lasse ich sie immer weg und es schmeckt trotzdem prima)

Essigessenz, Weißweinessig oder Zitrone (ich mag es am liebsten mit Essigessenz)

Senf (unbedingt!)

Dill

Salz & Pfeffer

Pimp my Okroshka a la @russischraclette:

Schmand

Eier, hartgekocht

Petersilie

Radieschen

Kartoffeln

Zubereitung:

  1. Ehrlich gesagt gibt es kaum Zubereitungsschritte und ich habe auch keine Mengenangaben, sondern mische alles nach Lust und Laune zusammen. Das Gemüse wird dafür meist sehr klein geschnitten.Einige Menschen mögen mehr Kräuter (ich) und Gemüse, einige mögen die Suppe etwas flüssiger. Probiere es einfach aus und experimentiere damit herum. Bei mir wird die Suppe jedes Mal anders und das macht Spaß.

Das GeheimnisAls Hauptgericht gibt es Kartoffelpuffer zu diesem Gericht und die Suppe dient dazu, „das Fett zu absorbieren“. Man kann die kalte Suppe aber supergut allein essen, ich selbst esse es sie auch gerne zum Frühstück.

Ich will das Rezept unbedingt mal mit Kwas (ein fermentierter Brottrunk) ausprobieren. Ich habe das Getränk auf einer Reise mit Freunden in Kasan, Tatarstan in Russland, kennen und lieben gelernt, und stelle es mir köstlich in der Suppe vor.

Aus meiner Familie gibt es noch einige Familienrezepte, wie Senfeier oder Königsberger Klopse, Sauerkirschkaltschalen, die ich liebe. Vielleicht gibt es dazu in einem späteren Newsletter weitere Geschichten und Rezepte.

Hier kannst du weitere Newsletter abonnieren

Teilen Teilen Teilen Teilen