Für diese Ausgabe von nelken & nostalgie darf ich dir Mohammad vorstellen. Er ist in Syrien geboren und aufgewachsen. Heute lebt er in Halle, studierte dort und befasst sich viel mit dem gesellschaftlichen und politischen Wandel.
Mohammad hat mir während seines Praktikums in der kohero-Redaktion von seinem Lieblingsgericht Mulūḫīya erzählt. Es erinnert ihn an seine Kindheit und insbesondere seine Mutter. Außerdem schreibt Mohammad davon, wie wichtig Liebe und Hingabe bei der Zubereitung von Gerichten sind und lädt dich ein, sein Lieblingsgericht auf diese Art nachzukochen.
Jetzt wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen und Nachkochen!
Deine Natalia
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Über Mulūḫīya ملوخية und die Seele des Essens
Die kulinarische Vielfalt der Levante spiegelt nicht nur die reichen Traditionen wider, sondern erzählt auch Geschichten von Liebe, Hingabe und der Seele des Kochens. In den lebhaften Märkten Syriens, Jordaniens und des Libanons ist der Duft von Gewürzen und frisch zubereiteten Speisen allgegenwärtig. Unter den vielen kulinarischen Schätzen der Levante sticht ein Gericht besonders hervor: Mulūḫīya ملوخية. Es ist ein populäres Gericht aus der arabischen Küche, das aus den grünen, spinatähnlichen Blättern der Langkapseligen Jute zubereitet wird, einer stark aromatischen Malvenpflanze. Auf Deutsch wird es auch Muskraut und im Handel als Molokhia bezeichne.
Für mich hat die Mulūḫīya eine ganz besondere Bedeutung. Sie ist nicht nur ein Gericht, sondern ein Stück meiner Kindheit. Dieses Gericht erinnert mich an meine Schulzeit und an die Gedanken, die mich auf dem 20-minütigen Schulweg begleiteten. Der verführerische Duft des köstlichen Gerichts war bereits aus einer Entfernung von etwa 200 Metern um unser Zuhause wahrnehmbar und machte mich hungrig – gleichzeitig weckte er Erinnerungen an das Lächeln meiner Mutter. Ich wusste sofort: Eine leckere Speise wartet auf mich.
Essen ist eigentlich weit mehr als nur Nahrungsaufnahme. Es ist ein Ausdruck von Liebe und Wertschätzung. Syrerinnen legen großen Wert darauf, Gästinnen frisch zubereitete Speisen anzubieten, anstatt auf vorgekochte Gerichte zurückzugreifen. Diese Geste zeigt nicht nur Respekt, sondern auch Hochachtung gegenüber den Gäst*innen. Sprichwörter und Weisheiten rund um das Thema Essen betonen oft die Bedeutung von Freude und Hingabe beim Kochen. Wenn wir mit Liebe und Freude kochen, nähren wir nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Seele. Gemeinsame Mahlzeiten fungieren als verbindendes Element, das Herzen näher zusammenbringt und Beziehungen festigt.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass dieses köstliche Gericht nicht immer so schmackhaft gelingt; denn beim Kochen spielt auch die „Seele“ eine entscheidende Rolle. Auf Arabisch sagt man: „al-ʾakil nafas“, was übersetzt bedeutet: „das Essen hat eine Seele“. Diese Aussage verweist auf die Idee, dass das Kochen und die Zubereitung von Speisen mit einer gewissen Lebendigkeit und Hingabe verbunden sind. In Syrien werden professionelle Köch*innen oft mit dem Spruch beschrieben: „Die Person hat eine lebhafte Seele für das Kochen“ – auf Arabisch: „nafsu ṭayyibah ʿal-ʾakil“. Daher ist es wichtig, beim Kochen stets mit Liebe und Hingabe zu arbeiten.
Da ich dir die Liebe, die in der Zubereitung dieses Gerichts steckt, nicht direkt durch den Duft frisch gekochter Mulūḫīya vermitteln kann, möchte ich einen anderen Weg wählen: Lass uns philosophisch an die Sache herangehen. Mit jeder Zeile, die ich für dich schreibe, fließt meine Hingabe und Freude in das Rezept ein. Es ist mein innigster Wunsch, dass diese Worte dir ein Stück der Wärme und des Herzens näherbringen, die beim Kochen spürbar sind. Möge das Rezept nicht nur deine Sinne erfreuen, sondern auch die Seele berühren – so wie es meine Mutter mit jedem Gericht tat.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Dein Mohammad
Das Rezept: Mulūḫīya ملوخية
Zutaten für die Mulūḫīya:
300 g Muluchiya (fein gehackt)
200 g Ghee oder Butter
10 Zehen Knoblauch (gehackt)
1 Liter Hühnerbrühe (s. Rezept unten)
½ TL Salz (oder mehr nach Geschmack, je nachdem wie viel du in die Brühe gegeben hast)
1 rote Paprika (gehackt)
1 Bund frischer Koriander (gehackt)
Knoblauch (in Scheiben goldbraun angebraten), Zitronensaft und Zitronenscheiben zum Servieren
Zutaten für die Hühnerbrühe:
1500 g Hähnchenkeulen oder -brust
2,5 Liter Wasser
1 Zwiebel (gehackt)
1 Karotte (gehackt)
ein wenig Zitronenschale
1 Zimtstange
3 Lorbeerblätter
5 Kardamomkapseln
5 Nelken
2 getrocknete Zitronen
1,5 TL Salz
Zubereitung:
Zunächst die Hühnerbrühe zubereiten:
- In einem großen Topf alle Zutaten zum Kochen bringen.
- Die Mischung zum Kochen bringen, dann die Hitze reduzieren und etwa eine Stunde köcheln lassen, bis das Hähnchen gar ist.
- Nach dem Garen das Hähnchen aus der Brühe nehmen, in kleine Stücke schneiden und beiseitelegen.
Mulūḫīya zubereiten:
- In einer Pfanne das Ghee oder die Butter erhitzen und den gehackten Knoblauch hinzufügen. Kurz anbraten, bis er goldbraun ist.
- Die Muluchiya in die Pfanne geben und gut mit dem Knoblauch vermengen.
- Nach und nach die Hühnerbrühe hinzufügen und dabei ständig rühren, bis alles gut vermischt ist.
- Salz, rote Paprika und frischen Koriander hinzufügen und weiter rühren.
- Muluchiya nun köcheln lassen, bis sie weich ist.
- Jetzt die Hähnchenstücke in den Topf mit der Muluchiya geben und alles vermischen.
- Drei bis vier Minuten zusammen köcheln lassen.
Servieren:
- Das Gericht auf einem tiefen Teller servieren. Dafür mit Zitronensaft beträufeln. Mit Zitronenscheiben und einigen leicht angebratenen, goldbraunen Knoblauchstücken dekorieren.
- Dazu kann Reis serviert werden.
Das Geheimnis
Wenn du einen besonders frittierten Geschmack magst, kannst du die Hähnchenbrust in beliebig große Stücke schneiden und diese in einer Pfanne kurz anbraten, bis sie goldbraun sind. Es empfiehlt sich, dies separat von dem gehackten Knoblauch zu tun, da der Knoblauch schneller goldbraun wird.