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Tipps für Konvertit*innen im Ramadan

Konvertit*innen sehen sich manchmal vor besondere Herausforderungen gestellt. Hier findest du Tipps und Ratschläge, wie du diese in der Zeit des Ramadan am besten meisterst.

Tipps für Konvertit*innen im Ramadan

Der Ramadan ist in der muslimischen Welt eine besondere Zeit. Er ist nicht nur, wie vielfach geglaubt, ein Monat des Fastens und der Enthaltsamkeit von Nahrung und Getränken während der Tagesstunden, sondern auch eine Zeit intensiver spiritueller Reflexion und innerer Reinigung. Für Muslim*innen ist der Ramadan mehr als nur eine Pflicht und Säule des Islams.

Der Monat ist eine heilige Periode, die eine tiefe Verbindung zu Gott, zur Gemeinschaft und zur inneren Stärke fördert. Während dieser Zeit kommen Gläubige aus allen Schichten zusammen, um sich dem Gebet, der Selbstreflexion und dem Gottesdienst zu widmen. In den Herausforderungen des Verzichts findet sich eine Gelegenheit zur geistigen Erneuerung, welche von den Gläubigen freudig genutzt wird.

Ferner lehrt der Ramadan Werte wie Mitgefühl, Großzügigkeit und Dankbarkeit und trägt somit maßgeblich zur persönlichen Entwicklung und zur Festigung der Glaubensgemeinschaft bei. Es erscheint also wenig überraschend, dass sich viele Muslim*innen ganz besonders auf diesen heiligen Monat freuen und seinen Beginn kaum abwarten können.

Die Situation von Kovertit*innen

Allerdings können an dieser Euphorie und Aufregung nicht alle Gläubigen teilnehmen. Insbesondere fallen solche hinten runter, welche den Islam erst kürzlich angenommen haben und daher sogenannte Konvertit*innen sind. Oftmals stammen sie aus atheistischen oder andersgläubigen Haushalten und haben daher konsequenterweise keine Mitstreitenden in der Familie, mit denen sie Ramadan verbringen können.

So passiert es schnell, dass aus einem heiligen Monat der Freude und des Beisammenseins schnell eine Zeit der Trauer und Einsamkeit wird, da in diesen Wochen so deutlich wie nie wird, dass man mit seinem Glauben allein dasteht. Dies hat zur Folge, dass der Ramadan als eine besonders belastende Zeit wahrgenommen wird und auch als solche in den Erinnerungen verankert wird.

Auch können religiöse Unterschiede innerhalb der Familie zu Spannungen und sogar Streitigkeiten führen, gerade wenn Familienmitglieder unterschiedlichen Glaubens sind oder unterschiedliche Grade der Religiosität zeigen. In solchen Fällen kann der Konflikt zwischen individuellen Überzeugungen und familiären Erwartungen zu einem Gefühl der Isolation und Frustration führen und die ohnehin herausfordernde Zeit des Fastens noch schwieriger oder gar unmöglich machen. Dieser Artikel soll daher ein Survival Guide für Konvertit*innen selbst, aber auch jene, die sie während dieser besonderen Zeit unterstützen möchten, werden und beiden Seiten mit Tipps aus meiner persönlichen Erfahrung als Konvertitin versorgen.

Keine Konfliktbereitschaft zeigen

Jedoch kann man diesen, egal wie sehr man es sich wünscht, manchmal nicht gewinnen. Dann wird es Zeit, sich einzugestehen, dass man nicht jeden dazu bewegen kann, die neue Religion zu akzeptieren – selbst wenn es sich um die engste Familie handelt. Es ist wichtig zu erkennen, dass nicht jeder die gleiche Wertschätzung oder das gleiche Verständnis für den Ramadan aufbringt. Manchmal ist es besser, einen Schritt zurückzutreten und die Meinungsverschiedenheiten zu akzeptieren, anstatt sie zu vertiefen und die familiären Beziehungen zu belasten.

Im Sinne der spirituellen Harmonie des Ramadans sollte es im Fokus stehen, den Frieden und die Einheit innerhalb der Familie zu bewahren, auch wenn dies bedeutet, dass man die eigene Feierlichkeit und Frömmigkeit zurückhalten muss. Letztendlich geht es darum, die Werte des Mitgefühls und der Vergebung im Umgang mit anderen zu verkörpern und einen Raum der Akzeptanz und des Respekts zu schaffen, der über religiöse Unterschiede hinweggeht.

Gemeinschaft leben, ohne es zu übertreiben

Meine Freund*innen und Bekannten, die meine schwierige Situation kannten, luden mich oft zum gemeinsamen Fastenbrechen zu sich nach Hause ein. Oft klopften sie mir auf die Schulter und versuchten mich mit sanften Worten über Zusammenhalt und Gemeinschaft wieder positiv zu stimmen. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass mir die Vielzahl an Einladungen mehr Angst machte, als dass ich mich über sie freute. Das mag einerseits an meiner introvertierten Natur liegen, andererseits aber auch einzig und allein daran, dass ich mich innerhalb der muslimischen Gemeinschaft schon immer wie ein Außenseiter gefühlt habe.

Es ist daher wichtig zu erkennen, dass das Gefühl der Einsamkeit, welches viele Konvertit*innen während des Ramadans erleben, nicht nur auf individuellen Unsicherheiten beruht, sondern oft auch auf eine tiefere Unsicherheit bezüglich ihrer Identität und Zugehörigkeit innerhalb der muslimischen Gemeinschaft zurückgeht. Diese Unsicherheiten können zu einer gewissen Zurückhaltung führen, wenn es um die Annahme von Einladungen und die Teilnahme an gemeinsamen Feierlichkeiten geht.

Dennoch sollten sowohl Konvertiten als auch muslimische Gastgeber bemüht sein, einander mit Sensibilität und Verständnis zu begegnen. Es ist wichtig, dass Konvertiten sich nicht dafür schämen, Fragen zu stellen oder Bedenken zu äußern, während Gastgeber darauf achten sollten, ihre Einladungen mit Einfühlungsvermögen und Respekt anzubieten, ohne dabei Druck auszuüben. Nur dann kann die Gemeinschaft aufrichtig gelebt – und eine Sphäre geschaffen werden, in der sich alle gleichermaßen wohlfühlen.

Die Peitsche mit Zuckerbrot austauschen

In der Blüte des Ramadans kann es schnell passieren, dass Konvertit*innen zu streng mit sich selbst werden, wenn es darum geht, die Anforderungen des Fastens vollumfänglich zu erfüllen. So macht sich schnell das zermürbende Gefühl der Überforderung breit, wenn der heilige Monat mit persönlichen oder familiären Konflikten einhergeht, die einen davon abhalten, die religiösen Pflichten lückenlos einzuhalten. In solchen Momenten ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass der Ramadan nicht nur eine Zeit der Hingabe, sondern auch eine Zeit der Vergebung ist.

Wir alle machen Fehler und haben unsere eigenen, meistens unsichtbaren Kämpfe zu bewältigen. Es ist daher wichtig zu begreifen, dass wir lernen müssen, nachgiebiger und freundlicher mit uns selbst und anderen umzugehen – ganz besonders während dieser heiligen Zeit. Wenn das Fasten oder andere religiöse Pflichten zu einer Belastung werden, ist es keine Schande, sich eine Auszeit zu nehmen oder sich auf andere Weise zu engagieren, um die spirituelle Bedeutung des Ramadans weiterhin aufrechtzuerhalten und mit Leben zu füllen.

Der Fastenmonat lehrt uns nicht nur, unsere körperlichen Bedürfnisse zu zügeln, sondern auch, Mitgefühl und Vergebung gegenüber uns selbst und anderen zu praktizieren. Er ist eine Zeit, in der wir die scharfe Peitsche der Verurteilung gegen das Zuckerbrot der Barmherzigkeit eintauschen sollten. Indem wir uns erlauben, menschlich zu sein und uns von unserer eigenen Erwartung und insbesondere derer anderer zu befreien, können wir die wahre Essenz des Ramadans erleben: Eine Zeit der spirituellen Erneuerung, der Hingabe und der Gnade. Und das ohne Schuldgefühle oder Trauer.

Hier findest du Ernährungstipps für den Ramadan

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