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„Syrien gehört wieder den Syrer*innen“

Überschwängliche Freude, Erleichterung und Hoffnung — Autor Ahmad Shihabi erklärt, warum die Freiheit von Syrien eine so starke Bedeutung hat

„Syrien gehört wieder den Syrer*innen“
Fotograf*in: Nasser Alzayed

„Sprich nicht über Politik, denn die Mauern haben Ohren“. Diesen Satz haben damals viele Menschen in Syrien gesagt oder gehört, wenn sie über die Politik ihrer Regierung sprechen wollten. Auch Hussam hat ihn gestern erwähnt. Denn in Assads Syrien konnte das mit dem Verschwinden im Gefängnis enden.

Mehr als 50 Jahre lang herrschte das Assad-Regime in Syrien. Vater wie Sohn richteten ihre Politik gegen die eigene Bevölkerung. Korruption, Piraterie und Kriege, die Millionen Syrer*innen aus ihrer Heimat vertrieben haben.

Vor dreizehn Jahren, genau am 15. März 2011, begann alles mit friedlichen Protesten gegen die Regierung und für mehr Freiheit und Demokratie. Doch Assad und seine Sicherheitsdienste gingen mit aller Härte dagegen vor. In der Folge wurden mehr als 300.000 Menschen getötet, Millionen haben das Land verlassen und sind seit 2011 auf der Flucht. Seit 2011 sind 113.218 Menschen dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen, darunter mehr als 3.000 Kinder und 6.700 Frauen.

Mit dem Einmarsch der Rebellen Ende November haben viele Syrerinnen wieder Hoffnung geschöpft, ihre Familienangehörigen, Freundinnen oder Bekannten wiederzusehen. Und das ist nur möglich, wenn Assad und sein Regime gestürzt werden.

Dieser Traum ist am Sonntag, dem 8. Dezember 2024, in Erfüllung gegangen. Syrien hat mit Assad nichts mehr zu tun. Nach 14 Jahren Krieg, Vertreibung, Zerstörung, Massenmord, Folter, Aushungerung, Bombardierung, Verzweiflung, Verlust der Heimat und vielem mehr blicken die Syrer*innen nun auf das neue Syrien und rufen: Die Diktatur ist vorbei. Ob in Syrien, in Deutschland, in der EU oder auf der ganzen Welt — sie feiern den Sturz Assads voller Freude und Hoffnung auf eine bessere Zukunft für ihr Land.

Doch die Euphorie ist nicht nur Ausdruck der Freude über das Ende eines tyrannischen Regimes. Sie ist auch ein Zeichen für den unerschütterlichen Willen eines Volkes, das trotz unvorstellbarer Herausforderungen die Hoffnung auf ein besseres Morgen nie aufgegeben hat. Die Syrer*innen feiern nicht nur das Ende der Vergangenheit, sondern auch den Beginn einer Zukunft, die sie in Freiheit und Würde gestalten wollen.

Ob ein ehemaliger Al-Qaida-Anhänger besser ist, lässt sich schwer sagen. Aber wem es gelingt, das Regime in Damaskus aus dem Palast zu vertreiben, der kann danach alles erreichen. Denn Syrien soll ein demokratisches Land für alle seine Bürger*innen werden. Fakt ist, dass der Sturz des Regimes einen historischen Wendepunkt markiert, den viele Syrer*innen lange Zeit nicht für möglich gehalten haben — an den sie aber immer geglaubt haben. Die Freude, die jetzt auf den Straßen zu spüren ist, ist überwältigend: Die Menschen tanzen, singen und feiern, sie sehen nach Jahren der Dunkelheit endlich wieder Licht.

Lasst die Syrer*innen jetzt einfach feiern, denn sie haben diese Freiheit verdient. Sie haben sie verdient, nach all den Jahren. Wie sie danach ihr Land wieder aufbauen werden, das ist eine Frage für die Zukunft. Wichtig ist jetzt, dass Assad weg ist und Syrien wieder den Syrer*innen gehört, egal welcher Ethnie oder Minderheit sie angehören.

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