An einem Samstagnachmittag im April trifft sich der Dopamin-Chor in Altona – ihr regulärer Proberaum im Schorsch-Center ist wegen der Osterfeiertage nicht verfügbar. Doch schnell wird deutlich: Der Ort spielt keine Rolle. Entscheidend sind die Menschen. Rund 20 Sänger:innen sind anwesend, es wird gelacht, musiziert, erzählt. Die Atmosphäre erinnert an eine Familienfeier.
Zwischen den Proben erzählt Fidaa, die Gründerin des Chors, wie alles begann: Als psychosoziale Beraterin will sie geflüchteten Menschen nicht nur Gespräche anbieten, sondern auch Räume für Selbstwirksamkeit und Freude schaffen: „Viele Menschen, die zu uns kommen, sind einsam. Sie haben Schlimmes erlebt. Hier im Chor geht es nicht um schöne Stimmen, es geht um die Stimmung“, sagt sie. Fida ist vor 25 Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen.
Rund 30 Menschen aus zwölf arabischen Ländern kommen regelmäßig im Dopamin-Chor zusammen. Die Lieder erzählen von Frieden, Liebe und Lebensfreude; politische oder religiöse Inhalte bleiben bewusst außen vor. Gesungen wird ausschließlich auf Arabisch – und doch ist die Botschaft für alle verständlich. „Musik ist eine Sprache, die jeder versteht“, so Chorleiterin Fidaa.
Das Glück in der Gemeinschaft: Der Verein Dopamin Hamburg e.V.
Der Chor ist Teil des gemeinnützigen Vereins Dopamin Hamburg e.V., der sich für psychosoziale Gesundheit, Empowerment und Teilhabe von Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung einsetzt. Der Name ist dabei Programm: Dopamin – das Glückshormon – steht sinnbildlich für die positive Energie, die aus Gemeinschaft, Kreativität und zwischenmenschlicher Verbindung erwächst.
Neben dem Chor bietet der Verein auch weitere Projekte an, um Personen mit Fluchterfahrung zu helfen. Zu den Angeboten zählen Ohr-Akupunktur und traumasensibles Yoga. Der Chor ist eines von mehreren Projekten des Vereins und ein besonders klangvolles Beispiel dafür, wie kulturelle Teilhabe gelebt wird.
Stimmen aus dem Chor
Frau Bara, wie sich die Tunesierin selbst nennt, ist seit sieben Monaten dabei. Sie habe, bevor sie Teil des Chors wurde, nicht gesungen und erst dort herausgefunden, wie sehr ihr das Singen Spaß mache und wie viel es ihr gebe. Für sie ist der Chor „wie eine Therapie“. Und zwar nicht nur für sie selbst: „Das macht Spaß für alle – wie eine Therapie für alle.“ Im Chor habe sie Freundschaften geschlossen, kulturelle Vielfalt erlebt und neue Kraft geschöpft. „Wir sind wie eine Familie“, sagt sie mit einem strahlenden Lächeln.
Für Mohammad, einen Musiklehrer aus Syrien, ist Musik mehr als ein Hobby – sie ist sein Anker. „Wenn ich Musik mache, dann bin ich ruhig und mein Kopf ist gesund“, sagt er. Musik helfe, Traumata zu verarbeiten: „Musik ist gut für die Seele, sie macht den ganzen Stress weg.“ Auch für ihn bedeutet der Chor Gemeinschaft, Heilung und Lebensfreude. In seinen Worten spiegelt sich wider, was viele der Teilnehmenden empfinden: „Wir syrischen Menschen haben unsere Familie verloren, hier haben wir eine neue Familie dazugewonnen."
Der Chor tritt regelmäßig auf – beim Weltfrauentag, bei den Arabischen Kulturwochen oder dem Bergedorfer Chorfest. Damit schlagen sie eine musikalische Brücke zwischen Kulturen – mal leise, mal laut, aber immer mit Gefühl. Am Ende erklingen nicht nur Lieder, vielmehr werden Geschichten erzählt und Lebensfreude geteilt.