Fragst du dich auch immer mal wieder, warum du in Deutschland die Rundfunkgebühr bezahlen musst, gerade dann, wenn das Fernsehprogramm bei ARD, ZDF und Co. qualitativ jetzt nicht so hochwertig oder anspruchsvoll ist, um monatliche 18 Euro irgendwas zu rechtfertigen? I feel you. Ich war mal bei meinen Eltern über Weihnachten und das Internet ging nicht, sodass ich in der Zeit leider nur ein paar deutschsprachige Sender empfangen konnte. Das wollte ich mir nicht freiwillig antun. Ich habe in dieser Zeit sehr viele Bücher gelesen.
Aber genug Negativität für heute. Vor allem, wenn es solche Lichtblicke gibt wie „Die Zweiflers“. Diese neue deutsche Serie beweist uns, dass es Ausnahmen gibt. Alle sechs Folgen sind jeden Cent an die GEZ wert. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die titelgebende jüdische Familie um Opa Symcha, der das Frankfurter Delikatessengeschäft verkaufen möchte. Doch seine Enkel haben ihre eigenen Probleme: Samuel muss als plötzlich junger Vater klarkommen, Leon sich als junger Künstler etablieren. Schwester Dana komplettiert dieses Familienkonstrukt neben den beiden Eltern Mimi und Jackie.
Die Serie von Showrunner David Hadda, die beim Cannes International Series Festival die höchste Auszeichnung erhalten hat, ist eine intelligente und einfühlsame Auseinandersetzung mit jüdischem Leben in Deutschland, in all seinen Facetten. Die Drehbücher, geschrieben von Hadda, gemeinsam mit Juri Sternburg und Sarah Hadda, kommen ohne Klischees aus. Das Jüdischsein ist hier nicht nur da, um die Figuren klischeehaft auszuschmücken, sondern ein authentischer Teil der Erzählung und um die Story organisch weiterzuentwickeln. Der Holocaust und wie Symcha sich als Überlebender ein Imperium im Frankfurt Bahnhofsviertel aufgebaut hat, ist ein integraler Bestandteil des Plots.
Gleichzeitig gibt es auch Raum für nuancierte Charakterisierungen, wie bei der jüngeren Generation und wie sie mit der älteren Generation nicht in allen Punkten übereinstimmt. „Die Zweiflers“ ist wirklich sehenswert und kann mit jeder zeitgenössischen amerikanischen Serie mithalten. Dank der Schauspielenden, der Drehbücher, der Kamera, dem Schnitt und vielen weiteren Aspekten. Ich hoffe, es gibt bald eine zweite Staffel.
Noch eine Empfehlung:
Eine weitere aktuelle Serie, die sehr zu empfehlen ist, allen voran für Fans des südkoreanischen Meister-Regisseurs Park Chan-wook („Oldboy“, „Die Taschendiebin“), ist „The Sympathizer“ (auf Wow). Chan-wook inszeniert Schauspieler Robert Downey jr., der für seine Leistung als Lewis Strauss in Christopher Nolans „Oppenheimer“ erst vor ein paar Monaten seinen ersten Oscar als bester Nebendarsteller erhalten hat, in gleich vier verschiedenen Rollen. Er spielt in „The Sympathizer“ einen CIA-Agenten, Hochschulprofessor, Politiker und Filmregisseur. Und er brilliert in jeder Persönlichkeit, von schleimig über sanft bis schwungvoll.
„The Sympathizer“ basiert auf Viet Thanh Nguyens Pulitzer-Preis-Gewinner von 2015 und handelt vom Captain (Hoa Xuande), der zum Ende des Vietnamkriegs als Doppelagent nach Amerika geschickt wird, um dort für die nordvietnamesischen Kollegen Spionagearbeit zu leisten. Oder verfällt er doch seinem neuen Leben in Amerika, wo er Sofia (gespielt von Sandra Oh) kennenlernt? Ich habe die ersten drei Folgen gesehen und hier scheint die Serie erst so richtig Fahrt aufzunehmen. Es werden noch mehr Spannung, Verrat, Skurrilität (dank Robert Downey Jr.) und Vietnam-Geschichtsstunden in den verbleibenden vier Episoden versprochen.