Die kursierenden Videos und Bilder der Auflösung des propalästinensischen Protestcamps im Berliner Regierungsviertel haben zu heftigen Protesten geführt. Die Berliner Polizei steht wegen des teils harten Vorgehens gegen Demonstrierende in der Kritik. Videoaufnahmen zeigen Fälle von vermeintlicher Polizeigewalt, denn sie zeigen, dass Protestierende von den Beamtinnen geschlagen wurden. Dieses Vorgehen der Polizei löst die Frage aus in der propalästinensischen Community und deren Unterstützerinnen: Gibt es auch in der Demokratie rote Linien?
Viele Geflüchtete sowie Migrant*innen in Deutschland haben ihre Länder wegen Unterdrückung und Verfolgung verlassen. Sie waren auf der Suche nach einem neuen Land, in dem ihre Grundrechte gewahrt werden und sie ihre politische Meinung ohne Angst äußern können. Das perfekte Land war für sie die Bundesrepublik Deutschland. Allein in Syrien haben viele von ihnen erlebt, wie die Polizei und das eigene Militär gegen Demonstrierende hart vorgegangen sind – mit Schüssen, Bombardement und Festnahmen.
Mit dem Beginn des syrischen Aufstands gegen Assad und sein Regime war klar, dass dieses Regime nicht sofort zerstört werden konnte, da es sich seit den 70er Jahren vor allem mit vielen gut verkauften „Werten und Slogans“ verstärkt hatte: Einheit, Freiheit, Sozialismus und Säkularismus.
Doch diese Werte brachen völlig zusammen, als Assad und dessen Regime hart gegen die eigene Bevölkerung vorging, nachdem die Syrer*innen bei Protesten ihre Grundrechte eingefordert hatten. Zwar ist Assad immer noch an der Macht, doch er hat seine Glaubwürdigkeit komplett verloren. Sein Regime kann die oben genannten Werte und Slogans nicht mehr erwähnen, da Assad weiß, dass diese Werte vor allem intern nicht mehr ernst wahrgenommen werden. Damit wurde die Angst jedoch gebrochen, und der Prozess des Zusammenbruchs des Regimes läuft aus syrischer Ansicht Schritt für Schritt bis zum heutigen Tag.
Ob in Syrien, oder eben Russland, China oder im Iran, werben autoritäre Regime so um ihre Macht. Sie verpacken sich mit gut verkauften Slogans und Werten, die sich nach dem ersten Nein oder Aufstehen gegen ihr Regime in Luft auflösen, als wären sie nur für die Bücher gedacht.
In einer Demokratie ist ein solches Verhalten gefährlich
Die Videos und Bilder aus Berlin, wie auch aus vielen Universitäten in den USA, die ein hartes Vorgehen der Polizei gegen Demonstrierende zeigen, erinnern viele an das Vorgehen der Assad- oder Putin-Regime gegen die eigene Bevölkerung. Wo bleiben die Werte der Demokratie?
Jedes politische System hat seine eigenen idealen Werte, mit denen dieses bei der Bevölkerung gut punkten kann. Dabei ist die Art und Weise der Umsetzung unterschiedlich. Im Westen darf man protestieren und die eigene Regierung kritisieren. Hier gibt es Meinungs- sowie Pressefreiheit. Doch es gibt anscheinend rote Linien, die die Bevölkerung nicht überschreiten darf – etwa bei den Protesten für Palästina.
Wenn diese roten Linien überschritten werden, beginnt der Staat daher, mit ihnen umzugehen, als ob sie eine interne Bedrohung darstellten. Damit entfallen offenkundig die Slogans und die gut verkauften Werte der Demokratie und der gefährliche Zusammenbruch dieses Systems beginnt.
Es stimmt, dass sich der Staat gegen Volksverhetzung und Antisemitismus wehren muss. Allerdings nicht durch ein autoritäres Verhalten, sondern durch einen demokratischen Diskurs, in dem alle Betroffenen zu Wort kommen, ihre Ängste teilen und Lösungen vorschlagen, damit vor allem das Vertrauen in die Demokratie nicht verloren geht.