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3 Min. Lesezeit Persönliche Geschichten

Omar Halabi: Gründung mit Migrationsgeschichte

Die Geschichte von Omar Halabi gibt einen tiefen Einblick in die Welt der Start-up-Szene: Der Mitgründer des Lebensmittel-Lieferunternehmens yolla! erzählt von seiner Idee, der Motivation hinter seiner Arbeit und von Herausforderungen, denen Menschen mit Einwanderungsgeschichte bei der Gründung ihre

Omar Halabi: Gründung mit Migrationsgeschichte

Omar wurde in Dürren, einer Stadt in NRW geboren, doch aufgewachsen ist er in Oldenburg. Beide seiner Eltern stammen aus Syrien und kamen in den 80er-Jahren nach Deutschland. Der Sohn eines migrantischen Arztes entschied sich später, Wirtschaftswissenschaften in Maastricht zu studieren. Später studierte er im Master Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft in den Niederlanden. Diese Entscheidung traf er, weil das Studium dort praktisch orientiert war und er den Stoff mit einer kleinen Gruppe von 15 Leuten besser konzipieren konnte. Während seines Masters gründete er gemeinsam mit seinem Bruder ein kleines Café. Das Konzept des Cafés war dort völlig neu und so konnte er seinen ersten Erfolg verzeichnen. Doch dann ereignete sich das Attentat in Hanau und Omar wusste, dass sich etwas ändern musste. Nur wie?

Das Streben nach Veränderung

Omar beobachtete in den Nachrichten, wie Menschen mit Migrationsgeschichte dauernd in eine Ecke gedrängt wurden. Schon in seiner Jugend sah er dieses Bild von Migrant*innen im Fernsehen, die als gewaltvoll, barbarisch und als Problem dargestellt wurden. Im Jahr 2015 erlebte er die Flüchtlingskrise hautnah mit, als Verwandte nach Deutschland flohen. Dann kam der Wendepunkt – Hanau. Er wollte etwas gegen den Hass unternehmen. „Da dachte ich: Okay, wenn ich mich dagegen irgendwie einsetzen möchte, dann muss das mit dem verbunden sein, was ich gelernt habe. Ich bin weder Journalist noch Aktivist, aber ich habe Wissen erworben, und damit möchte ich eine Veränderung bewirken“, sagt er. Aus dieser Motivation heraus zog Omar nach Berlin und gründete mit seinem Freund Mo yolla!.

yolla (= Komm mal her)

„Integration funktioniert am besten durch das Essen“, betont Omar. Die Idee war es, die Lieferung ausländischer Lebensmittel zu vereinfachen, sodass sie für alle leicht zugänglich werden. Ursprünglich stammte die Idee von seinem Freund und das Projekt blieb lange ein loser Gedanke für ihn. „Es gab eine Diskussion zwischen uns beiden. Ich dachte mir, wenn Gorillaz funktioniert, dann können wir das ja eigentlich auch für alle Lebensmittel machen. Irgendwann kam der Gedanke: Lass uns das zusammen machen.“

Auf WhatsApp organisierten sie die Bestellungen der Produkte und kommunizierten mit ihren Kunden. Zuerst kaufte ihre Familie bei ihnen ein, dann wuchsen sie langsam. Omar und sein Geschäftspartner entwickelten ein neues Konzept und merkten, dass es keinen Zeitdruck für die Lieferung der Lebensmittel gab. Daher legten sie den Fokus nicht mehr auf die prompte Zustellung, sondern auf die Qualität der Produkte.

Wie vielfältig ist Start-Up-Szene?

Auf dem Weg zur Gründung eines Start-ups stehen Menschen mit Migrationsgeschichte oft vor einigen Hürden. Oft sind dies fehlende Netzwerke, mangelnde Investitionen und das bekannte deutsche Problem der Bürokratie (Mehr dazu in der kohero Printausgabe „In Arbeit“). Doch sind dies Probleme, die jede*n Einsteiger*in betreffen?

Omar ist der Meinung, dass diese Hürden besonders für Migrantinnen noch schwieriger zu überwinden sind, da sie von der Gesellschaft noch nicht die nötige Anerkennung erhalten haben. Migrantische Menschen sind etwa in der Werbung unterrepräsentiert, was es schwierig macht, Investorinnen anzuziehen. „Wenn man sich Deutschland ansieht, sind wir ein Bestandteil der Gesellschaft. Aber wenn man die Geschichte Deutschlands betrachtet, waren wir niemals als Teil anerkannt.“

Blickt man auf die Zahlen, wird deutlich, dass nur 0,7 % des Investitionskapitals in migrantische Start-Ups fließt. Gleichzeitig zeigen Statistiken, dass in Deutschland über 60 % der erfolgreichen Firmen, insbesondere Unternehmen mit einem Wert von über einer Milliarde, von Menschen mit Migrations-  oder Fluchtgeschichte haben. „Das bedeutet, dass die Erfolgsquote überdurchschnittlich hoch ist. Dies hat sowohl soziologische als auch soziale Gründe. Menschen, die zwischen zwei Kulturen aufwachsen, lernen frühzeitig, mit Widerständen umzugehen“, sagt Omar entschlossen.

Optimistische Zukunftsaussichten

Trotzdem bleibt Omar sehr optimistisch, wenn er über die Zukunft spricht. „Man muss dazu sagen, es tut sich sehr viel in der Start-Up-Szene. Es gibt mittlerweile viele erfolgreiche Beispiele und Initiativen, die darauf abzielen, die Richtung positiv zu beeinflussen.“

Für ihn geht es auch um Solidarität innerhalb der Community und darum, vielen nachfolgenden Generationen von Unternehmern die Türen zu öffnen: „Wenn es uns gelungen ist, uns auf dem Markt zu etablieren, dann können wir auch anderen helfen, in dieser Branche Fuß zu fassen.“

Für die Zukunft von yolla! plant Omar eine Expansion und den Versuch, auch außerhalb Deutschlands Fuß zu fassen. Derzeit wird yolla! in über 50 Städten in Deutschland geliefert. Zudem möchte er die Integration weiter fördern, indem sie Kochrezepte erstellen und die Zutaten als Paket liefern, damit jedes ausländische Rezept einfach nachkochen kann. „Wir wollen, dass unsere Küche in jedes zuhause kommt.“

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