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nelken & nostalgie: Γεμιστά (Gemista) – griechisch Gefülltes meiner Oma

Im Newsletter nelken&nostalgie geht es um die Gerichte, die mehr sind als nur Essen: Rezepte, die uns mit Gefühlen von Heimat, Familie und Geborgenheit versorgen. Gemista ist so ein Rezept für Redaktionsleiterin Natalia.

nelken & nostalgie: Γεμιστά (Gemista) – griechisch Gefülltes meiner Oma

Ich erinnere mich daran, dass uns der Geruch von Olivenöl und Oregano schon im Flur entgegenschlägt. Wir, das sind meine Eltern, meine Schwester und ich, gehen die letzten Stufen zur Wohnung meiner Großeltern hoch, meine Oma steht in der Tür. Als wir uns schon alle in den kleinen Flur gequetscht haben, kommt mein Opa aus dem Wohnzimmer und lächelt breit, als hätte er uns ewig nicht mehr gesehen. Die Vorspeisen stehen schon auf dem Tisch: Feta, Salat, eingelegte Paprika, Oliven, Krautsalat, Brot. Meine Mutter verschwindet mit meiner γιαγιά, meiner Oma, in der Küche, Opa schenkt Getränke ein.

Es ist einer dieser zahlreichen Sonntage, an denen wir bei meinen griechischen Großeltern zum Essen sind. Wenn wir dann alle am Tisch sitzen, herrscht ein griechisch-deutsches Stimmengewusel. Ich verstehe meist nur die Hälfte, aber irgendwie lästern wir alle immer gemeinsam über Politik und Bekannte. Und während Opa schon seinen dritten Teller mit Vorspeisen isst, wir alle hektisch versuchen, genügend Platz für die riesige Ofenform in der Tischmitte zu schaffen, holt Oma das Essen aus dem Backofen.

Für mich gibt es kein Gericht, was sich mehr wie ein Zuhause anfühlt.

Und dann steht da diese wirklich enorm große Form gefüllter Paprika und Tomaten vor uns: Γεμιστά (Gemista). Die Übersetzung ist wortwörtlich „Gefülltes“. Dazu muss ich sagen, vor mir steht immer eine kleine extra Form mit 2 vegetarisch gefüllten Paprika und Tomaten, weil ich als einzige kein Fleisch esse. Es ist kein aufregendes Gericht oder eines, das wir selten und nur zu besonderen Anlässen essen. Im Gegenteil: Ich habe kein griechisches Gericht so häufig gegessen, glaube ich. Und jedes Mal hat meine γιαγιά es gekocht. Für mich gibt es kein Gericht, was sich mehr wie ein Zuhause anfühlt.

Was für mich comfort food ist, ist für meine Großeltern ein Teil ihrer Heimat. Sie sind in den 70ern als sogenannte Gastarbeiter*innen aus Griechenland gekommen. Während ich über meine Erinnerungen an die Familienrezepte meiner Oma denke, frage ich mich, wie sie es damals in Deutschland erlebt haben. Es war damals kaum möglich, griechische Zutaten in Deutschland zu kaufen. Hat ihnen was gefehlt? Hat ihnen das deutsche Essen geschmeckt? Wie bekämpft man Heimweh, wenn man sich kein Stück Heimat erschaffen kann?

Ein Rezept gegen das Heimweh

Meine Familie lebt inzwischen seit über 50 Jahren in Deutschland. Meine Schwester und ich können beide nicht gut Griechisch und mit dem Heimatland meiner Großeltern und meiner Mutter verbinde ich zwar viele Sommer und verschwommene Erinnerungen in meiner Kindheit, aber kein Zuhause. Und doch habe ich manchmal Heimweh nach Griechenland. Meiner Familie war und ist wichtig, dass wir auch die griechische Kultur erleben, wir gehen zu kulturellen Veranstaltungen und kochen viel Griechisches. Es ist wahrscheinlich auch immer diese Neugier, einen Teil meiner Identität stärker zu erforschen. Ich habe ein stärkeres Gefühl von Heimweh, wenn ich mich viel mit „Griechischem“ umgebe.

Wenn ich Heimweh nach meiner Familie oder die ferne Heimat meiner Familie habe, koche ich Rezepte wie dieses. Leider schmeckt es nie wie bei meiner Oma, das ist so frustrierend. Ich bin aber sehr gespannt, was du sagst, wenn du es nachkochst. Ein Tipp: Gemista sollte man nicht alleine essen. Ich glaube, es ist erst diese riesige Ofenform voller Paprika, Tomaten und Kartoffeln, die es oft dazu gibt, und dass alle zusammen am Tisch sitzen, was dieses Gericht zu meinem liebsten Familienrezept macht.

Eine Lieblingserinnerung, die ich mit diesem Rezept verbinde, habe ich noch: Oma befüllt neben all den roten immer mindestens eine grüne Paprika, weil mein Opa die am liebsten mag … Essen ist, glaube ich, in wirklich jeder migrantischen Familie eine love language.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Nachkochen und guten Appetit!

Deine Natalia

Γεμιστά (Gemista): Gefüllte Paprika und TomatenZutaten (für 6 Portionen):

6 Paprikaschoten & 6 Tomaten

2 Zwiebeln

2 Knoblauchzehen

200 ml (oder mehr) Olivenöl

300 g Rundkornreis

1 EL Tomatenmark

ca. 600 ml Wasser

Salz, Pfeffer

OreganoZubereitung:

  1. Wasche die Tomaten und Paprikaschoten, schneide die „Deckel“ ab und entferne das Innere. Nimm bei den Tomaten mit einem Löffel das Fruchtfleisch heraus und zerkleinere es mit einem Messer. Lege es in einer Schüssel zur Seite.
  2. Reibe die Tomaten und Paprikas von außen und innen mit Olivenöl, Salz und Pfeffer ein.
  3. Platziere die Tomaten und Paprika in einer großen Ofenform oder auch einem tiefen Blech und achte darauf, dass sie fest stehen.
  4. Erhitze ca. 2 EL Olivenöl in einem großen Topf.
  5. Zerkleinere die Zwiebeln und die Knoblauchzehen und gib sie zusammen mit dem Inneren der Tomaten in den Topf. Mit Oregano, Salz und Pfeffer würzen und anbraten lassen, bis die Zwiebeln glasig sind.
  6. Gib den Reis und das Tomatenmark hinzu und lass alles unter ständigem Rühren nochmal für ein paar Minuten braten.
  7. Gieße 400 ml Wasser in den Topf und lass alles für 5 Minuten köcheln. Dann vom Herd nehmen.
  8. Befülle die Paprikas und Tomaten zu 3/4 mit der Reisfüllung. Wenn du magst, kannst du noch ein Stück Feta in jede gefüllte Paprika und Tomate geben.
  9. Gieße 200 ml Wasser in die Form, bedecke es mit Alufolie und schiebe es für 60 Min. bei 180° C Umluft in den Ofen.
  10. Entferne für die letzten 10 Min. des Bratvorgangs die Alufolie, damit das Wasser verdunsten kann.
  11. Verfeinere die gefüllten Tomaten und Paprikas mit etwas Olivenöl. Fertig!

Das GeheimnisDazu passen gut Kartoffeln, die du in Spalten geschnitten gemeinsam mit dem gefüllten Gemüse in der Form im Ofen garen lassen kannst. Fülle dazu einfach etwas mehr Wasser in die Form.

Du kannst zusätzlich zu den Zwiebeln und dem Knoblauch (veganes) Hack für die Reisfüllung anbraten. So kenne ich es von meiner γιαγιά — meiner Oma. Seitdem ich mich vegetarisch ernähre, füllt sie meine Paprika und Tomaten aber mit Feta. Und nimm die Mengenangaben nicht zu genau, Kochen hat bei meiner Oma viel mit einem Gefühl zu tun. Aber spare niemals am Olivenöl!

Der TippVor ein paar Jahren habe ich das Kochbuch „Echt griechisch“ von Elissavet Patrikiou entdeckt. Darin teilt sie nicht nur die Rezepte ihrer griechischen Familie, sondern wunderschöne und authentische Bilder des Landes. Besonders gefallen mir die Seiten, in denen sie mehr von ihrer Familie und Besonderheiten Griechenlands erzählt.

Christian Verlag, 2019, 12,99 €

Du möchtest das Gericht direkt nachkochen? Hier ist deine Einkaufliste:

Frisch kaufen:

6 Paprikaschoten

6 große Tomaten

2 Zwiebeln

Knoblauch (2 Zehen)

Evtl. aus dem Vorrat:

Rundkornreis (300 g)

Tomatenmark

Salz, Pfeffer, Oregano

Olivenöl (mind. 200 ml)

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