Zum Inhalt springen
2 Min. Lesezeit Fokus

Modou Diedhiou: Schwarze muslimische Identitäten sichtbar machen

Modou Diedhiou ist Gründer von Schwarze Schafe e. V., eine Bildungsinitiative für rassismuskritische Bildung und Empowerment für BIPoC’s in Deutschland. Hier erzählt er über seine Erfahrungen als Schwarzer Muslim und seine Arbeit als Empowerment-Trainer und Referent für rassismuskritische Bildung.

Modou Diedhiou: Schwarze muslimische Identitäten sichtbar machen

Als Kind eines muslimisch sozialisierten Vaters und einer protestantischen Mutter wurde Modou Diedhiou in Bezug auf Religion immer gesagt: „Mach es so, wie du das für richtig hältst“. Als er als 10-jähriger seine Großmutter im Senegal besuchte, entschied er sich für den Islam. Seine Oma sei regelrecht entsetzt gewesen, als sie erfahren habe, dass er nicht wusste, wie man betet – obwohl sein Vorname die westafrikanische Kurzform des Namens Mohammed ist.

Kurzerhand habe sie ihn argumentativ und auch wortwörtlich „in die Knie gezogen“, erzählt Modou mit einem Lachen. „Das ist wirklich ein besonderer Moment für mich, der Anlass war, dass ich mich mit dieser Religion auseinandergesetzt habe und das auch in meine Alltagspraxis übernommen habe.“

In Deutschland wird er aber häufig nicht als Muslim wahrgenommen. Es sei für viele Leute eine „absolute Überforderung“, dass Menschen Schwarz und muslimisch sein können. Dadurch kann sich Modu wie unsichtbar in Räumen bewegen, wo Menschen negativ über den Islam sprechen, weil er in einer Realität lebt, in der er nicht als muslimisch gelesen wird. Aber auch von anderen Muslim*innen wird er häufig nicht als Muslim erkannt.

"Strukturelles Desinteresse"

Auf die Frage, warum die Verbindung zwischen Schwarz sein und muslimisch sein in den Köpfen vieler Menschen nicht besteht, hat er folgende Antwort. „Das sind die Narrative, die sich etabliert haben, also auch in diesem Kontext von Rassismus, der natürlich historisch gewachsen ist und sich entwickelt hat. Narrative zu muslimischen Menschen gehen in eine andere Richtung, als die über Schwarze Menschen. Aber es liegt auch an einem strukturellen Desinteresse daran, dass es auch andere Narrative gibt.“

In seiner Arbeit als Antidiskriminierungstrainer stellen Narrative wie diese einen wichtigen Ausgangspunkt dar. Rassismus wird als ein gesellschaftliches Machtverhältnis verstanden, indem Personen ihre mächtigen Positionen, unter anderem auch dadurch erhalten, indem bestimmte Narrative immer wiederholt werden. In seinen Anfängen als Bildungsreferent sind ihm Stereotype über Muslim*innen in Form von Begriffen wie Salafismus, Islamismus oder Fundamentalismus begegnet, die von Personen genutzt wurden, ohne dass diese die Bedeutungen kannten.

Durch seine Leidenschaft am Rappen ist Modou als junger Erwachsener zum ersten Mal mit seiner heutigen Tätigkeit als Trainer in Kontakt gekommen. In den Rap-Workshops für Jugendliche wurde ihm bewusst, dass seine rassistischen Erfahrungen an der Schule keine Einzelfälle waren und begann damit, sich in politischer und rassismuskritischer Bildung und Empowerment Arbeit weiterzubilden.

"Ich mach’ das jetzt selber"

Einige Zeit brachte er sein Wissen in Workshops in seinem Angestelltenverhältnis und seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Trainer ein. Im Jahr 2020 entschied er: „Ich mach’ das jetzt komplett selber. Ich kenne keine Organisation, die das so macht, wie ich mir das vorstelle“. Dann gründete er seine eigene Bildungsinitiative Schwarze Schafe e. V. Mit seinem 5-köpfigen Team und externen Referent*innen bietet Modou in seiner Bildungsinitiative zu unterschiedlichen Themen der rassismuskritischen Bildung Empowerment Workshops an. Angebote über Rap, Tanzen oder Boxen für spezifische Personengruppen, wie beispielsweise muslimische Frauen, sollen Safer Spaces für sie schaffen.

In seiner Arbeit mit Schulen oder anderen Institutionen für Kinder fällt ihm immer wieder auf, dass antimuslimischer Rassismus oft nicht als solcher erkannt wird und inzwischen „salonfähig“ ist. Die Mehrheit der muslimischen Schüler*innen, mit denen er spricht, hätten auf unterschiedliche Weise Abwertungen erfahren. Modou beobachtet, dass von Rassismus betroffene Menschen Strategien entwickeln, um nicht auffällig zu werden. Das müsse sich ändern. Er appelliert: „Wir haben Religionsfreiheit in dieser Gesellschaft und die Leute haben die Verantwortung, dem auch gerecht zu werden.“

Teilen Teilen Teilen Teilen