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migrantisch gelesen: Queere Widerstände

Im Newsletter „migrantisch gelesen“ schreibt Omid in dieser Ausgabe über Werke, die sich mit queeren Widerständen befassen. Ein Lesetipp ist dabei „Nicht die ersten“ von Tarek Shukrallah.

migrantisch gelesen: Queere Widerstände
Fotograf*in: Aiden Craver auf unsplash

Mein Name ist Omid Rezaee, freier Journalist, Buchenthusiast und dein persönlicher Buchkritiker. Willkommen zur neunten Ausgabe von „migrantisch gelesen“!

Zu den gängigen rassistischen Narrativen gehört es, Queerfeindlichkeit und rassistische Diskriminierung gegeneinander auszuspielen. So wird Queerfeindlichkeit oft als „importiertes Problem“ dargestellt, um rassistische Ressentiments zu verstärken.

Genau gegen dieses Narrativ wendet sich Politik- und Sozialwissenschaftlerin Tarek Shukrallah in dem Buch „Nicht die Ersten“. Zahlreiche Autorinnen erzählen darin die Geschichte der queeren Bewegungen in Deutschland – aus der Perspektive von Schwarzen Queers und Queers of Color. Das Werk ist ein Gespräch zwischen verschiedenen Generationen queerer Aktivist*innen of Color in Deutschland und ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass migrantisierte Menschen bereits seit den 1980er Jahren einen bedeutenden Beitrag zur queeren Bewegung in diesem Land leisten.


Tipp der Woche

„Nicht die Ersten“

In „Nicht die Ersten“ zeichnet Tarek Shukrallah ein vielschichtiges Bild der Bewegungsgeschichten queerer Schwarzer Menschen und People of Color in Deutschland von den 1980er Jahren bis heute.
Der Band verbindet persönliche Erzählungen mit historischen Analysen und beleuchtet, wie queere und antirassistische Kämpfe sich gegenseitig durchdringen.

Besonders eindrücklich zeigt Shukrallah, wie Errungenschaften weißer schwul-lesbischer Bürgerrechtsbewegungen oft auf Kosten migrantischer und queerer BIPoC-Communities erkauft wurden. Mit bewegenden Geschichten, kritischen Reflexionen und einer klaren politischen Botschaft bietet das Buch nicht nur ein wichtiges Archiv widerständigen Wissens, sondern auch Inspiration für heutige und zukünftige Kämpfe. Ein unverzichtbarer Beitrag zur queeren Geschichtsschreibung in Deutschland.


Schwindel

In „Schwindel“ zeichnet Hengameh Yaghoobifarah ein intensives Porträt queeren Begehrens, das sich zwischen Identitätsfragen, polyamoren Verstrickungen und Generationenkonflikten entfaltet. Die klaustrophobische Ausgangssituation – vier Menschen, eingeschlossen auf einem Hochhausdach – wird zum emotional aufgeladenen Kammerspiel, in dem Avas Beziehungen zu Robin, Delia und Silvia auf den Prüfstand gestellt werden. Yaghoobifarahs Stil überzeugt durch sprachliche Raffinesse, humorvolle Dekonstruktion von Klischees und den sensiblen Umgang mit Themen wie nicht-binärer Identität und queeren Lebensrealitäten.

Der Roman schafft es, relevante Gegenwartsthemen leichtfüßig und unterhaltsam zu fiktionalisieren. Besonders beeindruckend ist, wie der Text den Slang und die Lebenswelt der queeren Community einfängt, während er tiefere Fragen nach Nähe, Individualität und sozialer Normierung stellt. „Schwindel“ ist ein wichtiger Beitrag zur queeren Literatur, der sowohl emotional packt, als auch gesellschaftlich nachhallt.


Toleranz und Widerstand – zwei Begriffe, die oft schwer miteinander zu vereinbaren scheinen, aber für uns als Minderheiten untrennbar verbunden sind. Toleranz bedeutet nicht, still zu bleiben oder Ungerechtigkeiten hinzunehmen. Sie bedeutet, für Vielfalt einzustehen, während wir uns gleichzeitig gegen Diskriminierung und Unterdrückung wehren. Bücher wie die in dieser Ausgabe vorgestellten können uns dabei helfen, die Mechanismen von Macht und Ausgrenzung besser zu verstehen – und uns ermutigen, weiterzumachen.

Schreib mir gerne, was Toleranz und Widerstand für dich bedeutet und welche Geschichten dich dabei inspirieren.

Bis bald und liebe Grüße

Dein Omid

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