Beim Kochen habe ich am Wochenende im Deutschlandfunk einen Bericht darüber gehört, wo und wie viele Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland arbeiten. Das Statistische Bundesamt hat letzte Woche Zahlen für 2022 veröffentlicht. Laut diesen sind 25 % der Menschen in Deutschland Migrantinnen, die zwischen 15 und 64 Jahre alt sind. 60 % arbeiten in Reinigungsberufen, 46 % in der Gastronomie, 28 % in Verkehrs- und Logistikberufen, 36 % auf dem Bau und 30 % in der Altenpflege. Bei Ärztinnen sind es 27 % und in der Körperpflege, einschließlich Friseurinnen und Kosmetikerinnen, sind es 36 %.
"Warum macht die deutsche Gesellschaft diese Menschen nicht sichtbarer? Fehlt es nicht gerade in diesen Berufen an Anerkennung?"
Als Menschen mit Migrationsgesicht haben wir definitiv einen besonderen Platz auf dem Arbeitsmarkt. Der vom Fachkräftemangel gezeichnete deutsche Arbeitsmarkt funktioniert in vielen Berufsfeldern nur dank der Arbeit von Menschen mit Migrationsgeschichte. Aber ich frage mich: Warum macht die deutsche Gesellschaft diese Menschen nicht sichtbarer? Fehlt es nicht gerade in diesen Berufen an Anerkennung?
Und dann stelle ich mir, ähnlich wie der deutsche Regisseur İlker Çatak „die R-Frage“. Ist es (zum Teil) auch rassistisch motiviert, dass Migrantinnen wenig Sichtbarkeit haben? Oder liegt es daran, dass die deutsche Gesellschaft diese Arbeit nicht als besonders ansieht und denkt, dass jeder sie tun kann, ohne sie angemessen zu würdigen?
„Solange ich arbeite und liefere, werde ich die nötige Anerkennung bekommen.“ So beschreibt İlker Çatak in seinem Artikel in der Zeit Online die Haltung seiner Eltern und Großeltern, die er übernommenen hat. Eigentlich sollte die Oscar-Nominierung für seinen Film „Das Lehrerzimmer“ also der Höhepunkt der Leistung und der Anerkennung sein – aber er wurde die letzten Wochen in deutschsprachigen Medien entweder ignoriert oder namentlich nicht erwähnt.
Warum? Ich will den Kolleg*innen keine Vorwürfe machen. Aber die Fragen nach Anerkennung und Sichtbarkeit lassen sich für mich nicht einfach wegwischen. Wir als Medienschaffende und als Gesellschaft sollten offen darüber diskutieren.
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Und was ist deine Meinung, warum macht die deutsche Gesellschaft diese Menschen nicht sichtbarer?
Ich freue mich auf deine Antwort.
Ich sende viele Grüße,
Hussam
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