Mentale Gesundheits-Apps sind mittlerweile bei uns angekommen und sollen uns in unserem Alltag unterstützen. Sie zielen darauf ab, das psychische Wohlbefinden zu fördern und bieten Funktionen und Dienstleistungen, die von der Unterstützung bei alltäglichem Stress bis hin zur Behandlung ernsthafter psychischer Erkrankungen helfen. Wahrscheinlich kennst du vor allem Journaling-, Schlaf- und Meditationsapps. Wie auch im Therapiekontext kommen hierbei aber für uns wichtige Aspekte häufig zu kurz. Deswegen freue ich mich, dass ich heute Berkant im Newsletter begrüßen darf. Er hat vor kurzem memnun, eine kultursensible App für Resilienzstärkung und Stressmanagement, gelauncht.
Auch ich durfte in der Vergangenheit mitwirken und weiß, welchen langen Weg das Team gegangen ist und wie viel Zeit, Gedanken und Mühe mit eingeflossen sind.
Wie es zu der Idee kam und was memnun von anderen Apps unterscheidet, kannst du unten im Interview lesen.
Hast du auch Erfahrungen mit Apps für die mentale Gesundheit gemacht? Dann schreib mir gerne!
Berkant Bostan im Interview
Berkant Bostan ist Gründer und Geschäftsführer von bost&, wo er innovative digitale Produkte und Dienstleistungen – wie beispielsweise die App memnun – für multikulturelle Zielgruppen entwickelt. Neben seiner Arbeit als Unternehmer hält er auch Vorlesungen zu Unternehmertum und Innovation an Hochschulen in Deutschland und der Türkei.
Was bedeutet „memnun“ und wie kamst du auf den Namen?
memnun bedeutet in verschiedenen Sprachen „zufrieden“, „erfreut“ oder „dankbar“. Am Ende des Tages wollen wir alle im Leben zufrieden sein. Der Name hat einen schönen Klang und verbindet verschiedene Sprachen und Schriften, was Diversität und Zusammengehörigkeit symbolisiert.
Wie entstand die Idee für eine App, die sich kultur- und rassismussensibel mit mentaler Gesundheit beschäftigt?
Die Idee entstand 2020, kurz nach dem rassistischen Attentat in Hanau. Damals ging es mir selbst nicht gut und ich habe mich das erste Mal ernsthaft und bewusst mit meiner eigenen mentalen Gesundheit auseinandergesetzt. In unserer Kultur wird erwartet, dass man immer stark ist und performt, aber der Umgang mit Trauer und den Berichterstattungen hatte auch physische Auswirkungen auf mich und mein Umfeld. Damals hatte ich das Bedürfnis, etwas für unsere Communities zu schaffen, die von Rassismus und permanenter Gewalt betroffen sind.
„memnun wurde mit viel Liebe und Sorgfalt entwickelt, um kultur- und rassismussensibel zu sein“
Ursprünglich war eine Art digitaler Marktplatz angedacht, der Termine an kultur- und rassismussensible Therapeut*innen vermittelt. Wir mussten jedoch schnell realisieren, dass es am Angebot und vor allem an der Zugänglichkeit mangelt. Deshalb musste etwas Digitales entwickelt werden, was zugänglicher ist. So kam die Idee zu einer App. Sie basiert auf wissenschaftlich etablierten Methoden wie Psychoedukation und bietet einen multimodalen Stress- und Ressourcenmanagement-Kurs an, der von den Krankenkassen finanziert wird.
Was unterscheidet memnun von anderen Mental-Health-Apps?
memnun wurde mit viel Liebe und Sorgfalt entwickelt, um kultur- und rassismussensibel zu sein. Wir berücksichtigen Struggles, die andere Apps nicht einmal anerkennen, und verwenden eine Sprache, mit der sich unsere Nutzer*innen identifizieren können. Das Wissen wird leicht zugänglich vermittelt, sowohl inhaltlich als auch finanziell. Es gibt viele Angebote auf dem freien Markt, die letztendlich dazu beitragen, sich selbst zu optimieren, um funktionieren zu können. Aber wir wollten einen anderen Weg gehen.
"Dinge wie unser Migrationshintergrund, die oft als Hindernisse gesehen werden, haben wir zu unseren Superkräften gemacht"
Es ist nicht leicht, bei so einem Projekt dranzubleiben und selbst die nötigen Ressourcen zu finden. Wie hat es geklappt?
Man muss den ersten Schritt gehen und dann offen sein für das, was kommt. Hätte ich gewusst, wie hart es wird, hätte ich den Weg vielleicht nicht gewählt. Auf dem Weg zieht man Dinge und Menschen an, die einen voranbringen und von denen man gar nicht wusste, dass es sie gibt. Durch freiwillige Helfer*innen mit wichtigen Fähigkeiten konnten wir multidisziplinär arbeiten. Auch Menschen ohne direkten Bezug zum Thema werben in ihrem Umfeld dafür und unsere Community wird somit größer.
Einer der Schlüsselmomente war, Jan Kızılhan mit seiner wissenschaftlichen Expertise gewinnen zu können. Das hat es einfacher gemacht, andere Psycholog*innen zu überzeugen. Unsere Community ist stabil, wir haben durch unsere Biografien ein anderes Verständnis von Resilienz. Diese Resilienz erkennen, bewahren und stärken wir mit unserer App. Dinge wie unser Migrationshintergrund oder der Gebrauch von Slang, die oft als Hindernisse gesehen werden, haben wir zu unseren Superkräften gemacht. Diese hybride Fähigkeit, in mehreren Welten zu navigieren, stärkt nicht nur unsere App, sondern auch uns als Gemeinschaft.
memnun basiert auf wissenschaftlich etablierten Methoden und ist zertifiziert.
Parallel zur Nutzung wird im ersten Jahr eine klinische Studie durchgeführt, um die Wirksamkeit zu prüfen und garantieren zu können.
Um auch die Zugänglichkeit gewährleisten und gleichzeitig Schutz zu bieten, erfolgt die Anmeldung durch Einladung.
Falls du interessiert bist, melde dich gerne mit dem Einladungscode „migrantischepsyche“ an.Hier kannst du weitere Newsletter von kohero abonnieren