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Mansaf: der Geschmack von Heimat und Gemeinschaft

Im Newsletter „nelken & nostalgie“geht es um die liebsten Rezepte aus der Heimat, die Körper und Seele zusammenhalten. Für koher-Autor Emad ist Mansaf so ein Gericht. Hier gibt es das Rezept.

Mansaf: der Geschmack von Heimat und Gemeinschaft
Fotograf*in: bonchan/ Shutterstock

Als ich den Text für den heutigen Newsletter von unserem Autor Emad zur Veröffentlichung vorbereitet habe, habe ich mich ein wenig einsam gefühlt. Wie du weiter unten lesen wirst, geht es in seinem Text darum, gemeinsam zu essen und welches warme Gefühl das in einem auslöst. Vielleicht liegt es also daran, dass ich gerade in Berlin allein in einem Hotel sitze und nur schnell nebenbei zu Abend gegessen habe. Kurz vorher habe ich noch mit Emad telefoniert und auch er meinte, dass er gerade allein zuhause ist.

Ich frage mich, ob wir nicht im Rahmen von nelken & nostalgie mit unserer Community anfangen könnten, die gesammelten Rezepte nachzukochen und beim gemeinsamen Essen ins Gespräch zu kommen. Ich weiß nicht, wie realistisch dieser Gedanke ist, aber vielleicht können wir alle ja erstmal damit anfangen, die Gerichte nachzukochen und zumindest ein paar Freund*innen zum Essen einzuladen. Und wenn du doch eine Idee hast, wie wir nelken & nostalgie vom E-Mail-Postfach an einen realen Tisch bringen können, schreib mir gerne!

Nun aber zu Emads Rezept … Mansaf ist ein Gericht aus Lamm und Reis und wird insbesondere bei feierlichen Begebenheiten serviert. Emad sagt über sich selbst, dass er Journalist mit einer Leidenschaft für Geschichten ist und für den Text zu seinem Lieblingsgericht von orientalischen Gewürzen und Gedanken an all die vielfältigen migrantischen Kulturen inspiriert wurde. Während er heute in diesem Newsletter von Erinnerungen an gemeinsame Essen in seiner Heimat schreibt, befasst er sich in seinen anderen Texten eigentlich mit dem aktuellen politischen Geschehen und ordnet dieses aus migrantischer Perspektive ein.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen von Emads Beitrag und Nachkochen!

Deine Natalia

PS: Ich lade dich herzlich ein, ein Rezept aus deiner Heimat hier im Newsletter zu teilen, wenn du möchtest. Schick mir deine Idee gerne hier.


Mansaf: der Geschmack von Heimat und Gemeinschaft

Mansaf – der Klang dieses Namens weckt bei vielen Araber*innen sofort Erinnerungen an festliche Anlässe, gesellige Runden und den köstlichen Duft von Lamm, Jameed (ein Käse aus Schafs- oder Ziegenmilch) und gerösteten Nüssen. Doch Mansaf ist weit mehr als nur ein Gericht; er ist ein lebendiges Symbol für Seele, Liebe und Gemeinschaft vieler Menschen im Nahen Osten, insbesondere in Jordanien und Syrien. Auf einem einzigen Teller vereint er Kultur, Tradition und die tief verwurzelte Bedeutung von Gemeinschaft.

In Jordanien und im Süden Syriens gibt es kaum ein Gericht, das so stark in der Kultur und im Alltag verankert ist wie dieses traditionelle Essen. Mansaf ist nicht nur eine Speise, sondern ein Ritual des Teilens, das Menschen zusammenbringt und Herzen öffnet.

Die Verbindung zu Mansaf beginnt mit der Erinnerung an Familienfeste. Immer, wenn es in der Familie etwas Großes zu feiern gab, war Mansaf der unangefochtene Höhepunkt. Besonders in der Kindheit waren diese Anlässe geprägt von der Vorfreude auf das Essen, das oft in riesigen Schüsseln serviert wurde, die für die Kinder fast wie ein kleines Abenteuer wirkten. Die Zusammenkunft der Familie um den großen Teller, das gemeinsame Essen mit den Händen – all das war ein fester Bestandteil dieser Momente.

Mein erstes bewusstes Erlebnis, bei dem ich Mansaf gegessen habe, fand während einer großen Veranstaltung auf dem Land statt. Der Duft, der aus der Küche drang, war unvergesslich, während draußen eine lebhafte Stimmung herrschte. Mansaf, traditionell auf einem riesigen Silbertablett angerichtet, stand im Mittelpunkt: saftiges Lammfleisch, flauschiger Reis und die cremige Jameed-Soße.

Obwohl ich Mansaf bereits viele Male genossen habe, fühlte sich dieses Erlebnis besonders an. Die Atmosphäre, die Musik, die angeregten Gespräche und die herzliche Gemeinschaft ließen den Geschmack des Essens intensiver spüren. Es entstand das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein, als ob jede Zutat nicht nur für den Gaumen, sondern auch für das Herz zubereitet wurde.

Heute erinnert mich Mansaf nicht nur an meine Wurzeln, sondern auch an die Zeiten, in denen Familie und Freunde zusammenkamen, um das Leben zu feiern. Egal, wo ich ihn gegessen habe – sei es bei einer Hochzeit-Party, einem Fest, in der Fanmeile oder in der Küche meiner Großmutter – Mansaf hat immer diese besondere Fähigkeit, Menschen zu vereinen. Es ist ein Essen, das man nicht alleine genießen sollte, denn seine wahre Bedeutung liegt im Teilen, im Miteinander.

Wenn ich jetzt über Mansaf nachdenke, ist es nicht nur der Geschmack, der mir in den Sinn kommt, sondern die damit verbundenen Erlebnisse und Emotionen. Es ist eine Erinnerung an die Werte, die in meiner Kultur tief verwurzelt sind: Großzügigkeit, Gemeinschaft und Tradition. In einer Welt, die sich ständig verändert, bleibt Mansaf ein festes Symbol dafür, was uns als Menschen verbindet.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

Dein Emad


Das Rezept: Mansaf

Zutaten:

Zubereitung:1. Jameed-Zubereitung: Zunächst den getrockneten Joghurt gründlich waschen und in Wasser einweichen lassen. Nach kurzer Zeit herausnehmen und im Mörser zu einer cremigen Konsistenz verarbeiten. Ist kein Jameed erhältlich, kann auch normaler türkischer oder bulgarischer Joghurt verwendet werden.

  1. Lammfleisch-Zubereitung: Das Lammfleisch parieren und in große Würfel schneiden. Diese in einen Topf mit kaltem Wasser legen, die Knochen hinzufügen und zum Kochen bringen. Bei niedriger Hitze 30 Minuten kochen lassen. Zwiebel, Zimtstange, Kardamomkapseln, Koriander, Ingwer und Knoblauch zugeben. Nach der Kochzeit das Lammfleisch herausnehmen und den Sud warmhalten.

  2. Reis- oder Bulgur-Zubereitung: In einer Pfanne 1 EL Olivenöl erhitzen und die Schalottenwürfel sowie 1 gewürfelte Knoblauchzehe anbraten. Den Reis hinzufügen und anrösten, dann mit ½ Lammfleischsud ablöschen. Den Reis kochen, bis er gar ist.

  3. Joghurtsoße-Zubereitung: Den restlichen Lammfleischsud mit dem Jameed verrühren und vorsichtig unter ständigem Rühren zum Kochen bringen. Das Lammfleisch in die Joghurt-Soße legen und bei niedriger Hitze weiterköcheln lassen, bis das Fleisch weich wird. Die Soße kann zum Beträufeln verwendet werden, der Rest sollte separat in einer Sauciere serviert werden.

  4. Vollendung des Gerichts: Eine große Pfanne, Platte oder ein Backblech mit Olivenöl bestreichen und das Fladenbrot auf den Boden legen. Dieses mit der Jameed-Soße beträufeln und gleichmäßig mit dem Reis belegen. Das Lammfleisch auf dem Reis anrichten und erneut mit der Jameed-Soße beträufeln. Pinienkerne, Mandeln und gehackte Petersilie darüber streuen.

Das Geheimnis & ein Fun Fact

Das Gericht am besten direkt am Tisch servieren, wobei sich jeder selbst bedienen kann. Nach Geschmack kann das Gericht mit der Soße beträufelt werden, bevor es genossen wird. Es ist so nicht nur ein festliches Gericht, sondern auch ein gemeinsames Erlebnis, das an die Traditionen und die Wärme der Gemeinschaft erinnert.

Übrigens: Im Dezember 2022 wurde Mansaf auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Diese Ehrung unterstreicht seine kulturelle und historische Bedeutung und bestätigt die Rolle des Mansaf als Symbol für Großzügigkeit und Gastfreundschaft in der jordanischen Gesellschaft.

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