Ich habe Schwierigkeiten beim Aufstehen. Der Tag beginnt normal. Auf dem Weg zur Bushaltstelle esse ich einen Apfel zum Frühstück und die Straße ist menschenleer. Die Sonne scheint, die Vögel singen, die Bäume sind grün und ich denke mir, heute ist das glückliche Ende des Wartens, von dem alle sprechen. Ich nehme den Bus, erreiche den Bahnhof und steige in die S-Bahn ein. Ich langweile mich und fange zu lesen an, finde nach zwei, drei, vier Zeilen ein Wort – ein Fremdes: „Advokat“. Das habe ich noch nie in meinem ganzen Leben gehört. Ich frage meinen besten Freund, den Google-Übersetzer, nach der Bedeutung. Ich lerne es dann. Was ist denn daran so schlimm? Ich lebe hier, lerne die Sprache, finde bald einen Job. Es ist doch gut so.
Ich steige am Hauptbahnhof in die U-Bahn um. Die ist genau so leer wie die S-Bahn. Ich höre alle fünf Minuten die Durchsage zu dem Mund-Nasen-Schutz. Eine Obdachlose steigt ein. Ich sehe sie und sie mich. Sie hat bessere Kleidung im Vergleich zu anderen Obdachlosen. Warum ist sie denn jetzt obdachlos geworden? Eine Bekannte hat mir erzählt, der Staat hat gesagt, wir müssen die Miete und so nicht bezahlen, aber sie hat alles bezahlt. Ich habe ihr damals nicht so richtig zugehört. Ich weiß auch nicht, ob das stimmt. Den Nachrichten folge ich seit langem nicht mehr. Ich glaube, Politik ist nicht zu behaupten, sondern zu erleben. Die Augen dieser obdachlosen Frau versetzen mich in tiefe Melancholie. Ich habe leider diese Krankheit, dass ich mich immer in die anderen Menschen einfühlen muss.
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