Zum Inhalt springen
2 Min. Lesezeit Kolumne

Lektion 1: Frage niemals Schüler*innen nach der Uhrzeit

In ihrer Kolumne „Randnotizen“ schreibt Maria dieses Mal über Erfahrungen in ihrem Referendariat und Dinge, die sie auf die harte Tour lernen musste.

Lektion 1: Frage niemals Schüler*innen nach der Uhrzeit
Fotograf*in: CHUTTERSNAP auf Unsplash

Im Studium und im Vorbereitungsdienst lernt man als angehende Lehrkraft, den Unterricht minutiös zu planen und Überleitungen gezielt einzusetzen. Man übt, wie Fragen und Aufforderungen sinnvoll und motivierend formuliert werden. Eine der Kernkompetenzen jeder Lehrkraft ist die regelmäßige Reflexion: Was kann ich verbessern? Wie kann ich die Aufgaben klarer formulieren? Welche Methoden und Materialien haben sich bewährt und welche nicht?

Manchmal sitzt man lange und tüftelt daran, was die Ursache des Nichterreichens eines Unterrichtsziels oder einer Störung ist. Und manchmal wird es schnell deutlich und die Lösung liegt plötzlich vor einem.

So erging es mir in der Praxisphase meines Berufs. Nach Jahren des Studiums war ich nun einige Wochen im Referendariat. Angehende Lehrkräfte genießen eine Art Sonderstatus. Die Schülerinnen sehen sie fast als Leidensgenossin und bemühen sich in den relevanten Stunden mehr, auch wenn sie einem das Leben sonst durchaus herausfordernder gestalten. Auf dieses Wohlwollen darf man sich jedoch nicht ausruhen, denn am Ende des Tages trägt man die Rolle der Lehrkraft und damit die Verantwortung für alle Gruppenmitglieder.

Als Perfektionistin war der Start in den Beruf für mich kein Zuckerschlecken. Detailverliebt plante ich jede Stunde Minute für Minute und fast jedes Wort, das ich sagen wollte. Eines Tages vergaß ich meine Uhr und fragte die Schüler*innen nach der Uhrzeit. Als sie mir die Zeit nannten, stellte ich erschrocken fest, dass wir nur noch fünf Minuten hatten. Als Berufsanfängerin war eine angemessene Zeiteinteilung für Aufgaben oft eine Herausforderung für mich. Ich musste also feststellen, dass meine Erwartungen zu hoch waren und ich den Rest des geplanten Unterrichtsstoffes auf die folgende Stunde verschieben musste.

„Typischer Anfängerfehler!“

Ich beendete die Unterrichtsstunde, ließ die Arbeitsplätze aufräumen und schickte die Schüler*innen gerade rechtzeitig in die Pause. Ich schloss die Tür ab und begab mich auf den Weg zum Lehrerzimmer. Die Schule war groß, sodass ich dafür eine längere Strecke zurücklegen musste. Unterwegs fiel mir die ungewöhnliche Stille auf und ich fragte mich, wie dies während einer Pause in einer so großen Schule zustande kam. Im Lehrerzimmer angekommen, sah ich die Wanduhr und mein Herz blieb stehen.

Mir wurde bewusst, dass die Unterrichtszeit noch lange nicht vorbei war und meine Zeiteinteilung nicht unrealistisch gewesen war. Die Schüler*innen hatten mir eine falsche Zeit genannt und sich damit eine fast 30-minütige Verlängerung ihrer Pause erschlichen.

Ich erzählte meinen Kolleg*innen von dem Vorfall und sie entgegneten laut lachend: „Typischer Anfängerfehler!“ Auch wenn mir das damals etwas peinlich war, fand ich es lustig, wie ich das nicht habe kommen sehen.

Dieser Vorfall lehrte mich, wie wichtig es ist, dass in der pädagogischen Praxis oft die unscheinbaren Details den größten Einfluss haben können. An diesem Tag wurde mir außerdem klar, dass es vieles gibt, was man außerhalb der Bücher im Studium lernen kann und muss.

Meine Moral aus der Geschicht': Frage Schüler*innen nach der Uhrzeit nicht!

Teilen Teilen Teilen Teilen