Mit dem neuen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht fest: Deutschland soll in der Migrationspolitik einen “konsequenten Kurs” einschlagen. Was sich dahinter verbirgt, ist aber nichts anderes als ein massiver Abbau von Rechten, die eigentlich unantastbar sein sollten.
Die Liste der geplanten Maßnahmen im Bereich Migrationspolitik ist lang und erschreckend (die Details liest du weiter unten). Der Familiennachzug soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Bundesaufnahmeprogramme wie zum Beispiel für Menschen aus Afghanistan sollen beendet und legale Zugangswege eingeschränkt werden. Gleichzeitig soll die Zahl der Abschiebungen steigen. Das betrifft nicht nur Menschen, die straffällig werden, sondern auch jene, die oft aufgrund bürokratischer Hürden, die ihnen den Weg zu einem dauerhaften Aufenthaltsstatus versperren, ausreisepflichtig sind.
Besonders erschreckend fand ich, wie Markus Söder auf der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch von „Abschieben nach Afghanistan und Syrien von Straftätern“ sprach. Diese Aussage ist nicht nur gefährlich, sondern auch irreführend. Denn weder Syrien noch Afghanistan gelten als sichere Länder. Der UNHCR und viele Menschenrechtsorganisationen warnen seit Jahren davor, dorthin Menschen zurückzuschicken.
Abschiebungen in diese Länder verstoßen gegen das Non-Refoulement-Prinzip, das besagt: Niemand darf in ein Land zurückgeschickt werden, in dem ihm Folter, Verfolgung oder Tod drohen. Markus Söder zeichnet damit ein Bild gezeichnet von „gefährlichen“ Ausländern, von denen „wir“ geschützt werden müssen. Dass damit pauschalisiert, rassistisch unterstellt und stigmatisiert wird, scheint dabei bewusst in Kauf genommen zu werden.
Wer sich die GEAS-Reform und die Haltung der Bundesregierung anschaut, merkt schnell, worauf es hinausläuft: Menschen auf der Flucht sollen bereits an den EU-Außengrenzen aussortiert werden. Schnellverfahren, Rückweisungen, kaum Zugang zu rechtlicher Beratung. Deutschland beteiligt sich an dieser Politik.
Das deutsche Recht sieht eigentlich vor, dass jede Person, die sich auf deutschem Boden befindet und um Asyl bittet, auch ein faires Verfahren erhält. Eine pauschale Zurückweisung steht damit auf wackeliger rechtlicher Grundlage. Es entsteht der Eindruck, dass Schutzsuchende sich erst beweisen müssen, bevor sie als Teil der Gesellschaft anerkannt werden.
Während der Pressekonferenz betonten Merz, Söder und Klingbeil, dass Deutschland offen für diejenigen sei, die sich integrieren und etwas für das Land leisten wollen. Wer sich „nützlich“ macht, ist also willkommen. Dass Menschen aber nicht ihr Zuhause, ihre Familien und ihre Kultur aus Lust und Laune verlassen, ist bei vielen – und auch bei der Politik – wohl immer noch nicht angekommen. Menschen fliehen, weil sie Schutz suchen. Schutz sollte jeder Person zustehen und nicht etwas sein, was verdient werden muss.
Wer heute Menschen in ihrer Schutzbedürftigkeit abweist, stellt sich nicht nur gegen internationale Abkommen, sondern auch gegen die Menschlichkeit. Es braucht endlich eine Asylpolitik, die diesen Namen verdient – eine, die nicht abschreckt, ausgrenzt und aussortiert, sondern schützt, begleitet und integriert. Alles andere ist eine Absage an die Werte, auf die sich dieses Land so gerne beruft.
Das steht im Koalitionsvertrag zum Thema Migration und Asyl:
Legale Zugangswege und Programme
- Keine neuen freiwilligen Bundesaufnahmeprogramme, z.B. für Afghanistan
- Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wird für zwei Jahre ausgesetzt
- Begrenzung der Westbalkan-Regelung auf 25.000 Personen jährlich
- Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten sollen ausgebaut werden
Grenzschutz und Rückführung
- Zurückweisungen an EU-Außengrenzen
- Stärkung von Frontex und Fortsetzung der Grenzkontrollen
- Liste sicherer Herkunftsstaaten wird erweitert
- Abschiebungen sollen konsequenter umgesetzt werden, inklusive Ausreisepflicht, Haft und Abschiebezentren.
- Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien für Straftäter und Gefährder.
Integration und Teilhabe
- Fortsetzung und Ausbau von Integrationskursen und Sprach-Kitas
- Schutz für geflüchtete Frauen vor häuslicher Gewalt wird gestärkt
- Wohnsitzregelung wird verschärft
Bleiberecht
- Neuer befristeter Aufenthaltstitel für “gut integrierte” Geduldete mit klaren Kriterien
- Asylverfahren sollen beschleunigt und Gerichtsverfahren effizienter gestaltet werden
Staatsangehörigkeit und Leistungen
- Abschaffung der "Turbo-Einbürgerung" nach drei Jahren
- Bedürftige Ukrainer*innen erhalten kein Bürgergeld mehr, sie fallen wieder unter das Asylbewerberleistungsgesetz