Am 18. Dezember ist der Internationale Tag der Migrant*innen. Seit 2000 soll damit an die Situation und die Rechte von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte erinnert werden. In Deutschland leben rund 15 Millionen Menschen, die seit 1950 selbst eingewandert sind, knapp 24 Millionen haben einen sogenannten Migrationshintergrund (Stand: Mai 2023). Dass an Menschenrechte und strukturelle Diskriminierung überhaupt durch einen besonderen Tag erinnert werden muss, spricht schon für sich.
Doch Jens Spahn (CDU) spricht im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung noch viel mehr: Er möchte Menschen, die auf “illegalem” Weg in die EU kommen, an vermeintlich sichere Drittstaaten übergeben. An diesen Plänen, Asylbewerbende etwa nach Ruanda zu bringen, ist bereits die britische Regierung gescheitert. Das Vorhaben verstößt gegen grundsätzliche Menschenrechte. Das Recht auf Asyl ist in der Genfer Flüchtlingskonvention festgehalten – es gilt selbstverständlich auch in Deutschland.
Spahn will dadurch, ganz im Stil der AfD, dass weniger Menschen nach Deutschland flüchten und im Mittelmeer sterben. Nur stellt er keine Pläne vor, Friedensverhandlungen zu führen, Perspektiven in Herkunftsländern geflüchteter und migrierter Menschen zu schaffen oder sich gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung einzusetzen. Viel eher wird deutlich, dass die CDU nicht davor abschreckt, Menschen, die vor Kriegen und Verfolgung fliehen, zu instrumentalisieren und Rechtsstaatlichkeit gegen Stimmen von AfD-Wähler*innen einzutauschen.
Menschen fliehen nicht freiwillig. Und sie kommen nicht nach Deutschland, weil es ein netter “Freizeitpark” ist, wie Spahn in der NOZ sagt. Sie fliehen, weil ihre Existenz oder ihr eigenes Leben bedroht sind und kommen in Länder, von denen sie sich ein Stück mehr Sicherheit erhoffen. Wenn ich Aussagen wie die von Spahn lese und den politischen und gesellschaftlichen Ruck nach rechts betrachte, habe ich Angst, dass wir Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte diese Sicherheit in Deutschland nicht gewährleisten können.
Der 18. Dezember sollte daher nicht nur ein Tag sein, der an Migrant*innen erinnert. Alle Menschen, die das Privileg haben, nicht aus ihrem Heimatland fliehen oder migrieren zu müssen, sollten sich an ihre Menschlichkeit erinnern – und das am besten jeden Tag.
Ich sende viele Grüße,
Natalia
Redaktionsleiterin