Zum Inhalt springen
3 Min. Lesezeit Newsletter

Im Spotlight: Rand Beiruty

Für seinen Newsletter „roots & reels“ hat Schayan ein Interview mit Rand Beiruty geführt. Die jordanische Filmemacherin hat mit ihm über Repräsentatin und ihren neuen Film „Tell Them About Us“ gesprochen.

Im Spotlight: Rand Beiruty
Fotograf*in: Uns Ghassib

In ihrer Langzeitbeobachtung „Tell Them About Us“ hat die jordanische Filmemacherin Rand Beirut junge, überwiegend arabischstämmige Frauen in Eberswalde mit der Kamera begleitet.
Ab 2019 dokumentierte Beiruty über drei Jahre, wie diese Gruppe mit der anfangs für sie neuen deutschen Kultur zurechtgekommen ist und wie die einheimischen Bewohner*innen sie willkommen geheißen haben – mal mehr und mal weniger.
Ich habe mit Rand Beiruty über ihren Werdegang und ihren Film gesprochen.

Liebe Rand, du bezeichnest dich als „Filmemacherin zwischen Amman und Berlin“. Wie haben die beiden Orte deine Arbeit beeinflusst?

Amman ist der Ort, an dem ich meine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen entdeckt habe, insbesondere zu Geschichten, die in Communities verwurzelt sind. Es ist der Ort, an dem mein eigener Hintergrund und die Komplexität meiner Arbeit lebendig werden. In Berlin konnte ich wiederum in eine globale Gemeinschaft eintauchen, voll mit kreativen und vielfältigen künstlerischen Ansätzen, was mich dazu inspiriert hat, Introspektion mit einem größeren kulturellen Dialog zu verbinden.

Du hast Design, Visual Communication, Design Thinking und Film in Babelsberg studiert. Kannst du ein wenig über diesen Weg von dir in den verschiedenen visuellen Künsten erzählen?

Das Design- und Visual Communication Studium in Jordanien hat mir den nötigen Raum gegeben, mit unterschiedlichen visuellen Formen und Sprachen zu experimentieren. Im zweiten Jahr belegte ich einen Experimentalfilm-Kurs und mir wurde klar, dass Film mein eigentliches Ding ist. Ich entdeckte eine Vielzahl an Werkzeugen, mit denen ich durch das Vermischen von Bild und Klang, Geschichten zum Leben erwecken konnte.

Mit Design Thinking konnte ich meine Fähigkeit, Probleme kreativ zu lösen, vertiefen und diese menschliche Erfahrung in meinen Projekten noch bewusster zentrieren. Aber beim Film sind dann all diese Fähigkeiten zusammengekommen. Beim Film ist es mir möglich, komplexe Erzählstrukturen zu erforschen, insbesondere im Dokumentarfilm, wo das Zusammenspiel von Bildern und Ethik noch einmal die Kraft hat, eine nachhaltige Wirkung zu schaffen.

Kommen wir zu „Tell Them About Us“. Wie bist du auf diese Gruppe von Mädchen aufmerksam geworden und warum hast du dich entschieden, sie über einen längeren Zeitraum dokumentarisch zu begleiten?

Meine Verbindung zu den Mädchen entstand ganz natürlich – unser gemeinsamer kultureller Hintergrund und ihre lebendigen Persönlichkeiten haben mich von Anfang an angesprochen. Ihnen über die Jahre zu folgen war notwendig, um die Tiefe ihrer Werdegänge einzufangen und um zu zeigen, wie ihre Leben sich entfalten. Die Workshops, die wir über die Jahre geführt haben, dienen als zentraler Anker für eine kohärente Erzählung, sie markieren den Verlauf der Zeit und spiegeln die Entwicklung der Mädchen wider.

Vertrauen aufzubauen und eine offene Kommunikation aufrechtzuerhalten, hat mir ermöglicht, jedes Mal, wenn wir zu ihnen zurückgekehrt sind, genau dort anzuknüpfen, wo wir aufgehört hatten. Dieser vertrauensbasierte Ansatz sorgte nicht nur für die Kontinuität der Erzählung im Film selbst, sondern auch dafür, dass die Dokumentation authentisch und ihren Erfahrungen treu bleibt.

Hoffnungen, Träume und Wünsche spielen eine große Rolle im Film, und es hat mir sehr gefallen, wie viel Raum du diesen Themen gegeben hast. Was bedeuten diese Worte für dich persönlich und wie verbinden sie sich mit deiner (Film-)Arbeit?

Für mich repräsentieren sie sowohl die Möglichkeit, Dinge zu verändern als auch Resilienz. Diese ist erforderlich, um Veränderungen auch unter schwierigen Bedingungen umzusetzen. In meinen Filmen sind diese Themen nur ein Weg, die Menschlichkeit jeder Geschichte zu präsentieren. Sie sind nicht nur abstrakte Ideen, sondern greifbare Kräfte, die das Leben der Menschen prägen, insbesondere derjenigen, deren Stimmen oft überhört werden. Indem ich mich auf Hoffnungen und Träume konzentriere, versuche ich nicht nur zu zeigen, was sich die Menschen wünschen, sondern auch, gegen welche Hürden sie ankämpfen – also die Barrieren, Kompromisse und Momente stiller Stärke.

Und auf einer praktischen Ebene haben mir diese Ideen geholfen, die Struktur von „Tell Them About Us“ zu gestalten. Die Workshops und die Szenen, wo wir einige Träume der Protagonistinnen inszeniert haben, waren ein Weg, die Bestrebungen der Mädchen zu erforschen und gleichzeitig den Film in einer gelebten Realität zu verankern. Es ist diese Spannung zwischen Traum und Realität, die mich immer wieder zum Geschichtenerzählen zurückführt, also eine Art, die Welt zu reflektieren und vorzustellen.

Auf deiner Website steht, dass du dir Fragen stellst wie: „Wer darf wessen Geschichte erzählen?“ Oder: „Warum ist Repräsentation wichtig?“. Ich würde gerne wissen, welche Antworten du durch den Prozess einer so intimen Dokumentation wie „Tell Them About Us“ gefunden hast – und was hast du dabei über Deutschland gelernt?

Repräsentation ist wichtig, weil sie beeinflusst, wie wir uns selbst und wie wir andere sehen – sie kann uns empowern oder das Gegenteil bezwecken. Für mich geht es immer darum, in Kollaboration mit den Teilnehmerinnen zu arbeiten und sicherzustellen, dass ihre Stimmen im Mittelpunkt stehen, dass eine eindimensionale Darstellung über sie vermieden wird. „Tell Them About Us“ hat mir erneut bestätigt, wie wichtig es ist, Raum für marginalisierte Stimmen zu schaffen, insbesondere in einem Land wie Deutschland, wo Gespräche über Integration, Identität und Zugehörigkeit nach wie vor wichtig sind. Durch diesen Film habe ich verstanden, dass authentische Repräsentation das Potenzial hat, grenzenloses Verständnis zu fördern.

Arbeitest du derzeit schon an einem weiteren Film?

Ich arbeite derzeit an „Portrait of A“, einem Film, der sich auf Andrea, eine der Teilnehmerinnen aus „Tell Them About Us“, fokussiert. Ich hoffe, ich kann bald mehr darüber teilen.

Teilen Teilen Teilen Teilen