Während sich die Lage in Nahost dramatisch zuspitzt und selbst renommierte US-Politologen wie Jeffrey Sachs vor einem möglichen dritten Weltkrieg warnen, sorgt Pakistan mit einer überraschenden Ankündigung für Aufsehen: Der ehemalige US-Präsident Donald Trump soll für den Friedensnobelpreis 2026 nominiert worden sein. Die Begründung der Regierung in Islamabad: sein angeblich „vorbildliches Einschreiten“ in der jüngsten Eskalation zwischen Indien und Pakistan.
Trump selbst reagierte mit gewohntem Selbstlob auf die Nachricht. Auf seiner Plattform „Truth Social“ schrieb er: „Niemand hat mehr für den Frieden getan als ich. Unter meiner Führung gab es keine neuen Kriege – im Gegensatz zu Joe Biden. Diese Nominierung zeigt, dass die Welt das anerkennt. Eine große Ehre!“
Diese Nachricht kam nur einen Tag bevor die USA unter Trumps erneutem Kommando einen massiven Luftangriff auf iranische Atomanlagen starteten und somit offiziell Israel unterstützten. Trump kommentierte den Angriff mit den Worten: „Herzlichen Glückwunsch an unsere großartigen amerikanischen Krieger. Es gibt kein anderes Militär auf der Welt, das das hätte tun können. JETZT IST DIE ZEIT FÜR FRIEDEN!“
Die pakistanische Regierung, die sich selbst wenige Stunden zuvor noch lobend über Trump äußerte, verurteilte die Angriffe als schweren Bruch internationalen Rechts und des IAEA-Statuts.
Ehemalige Botschafterin Maleeha Lodhi sprach öffentlich von einer „beschämenden“ Entscheidung, die sofort zurückgenommen werden müsse. Auch Senator Allama Raja Nasir nannte die Nominierung „ethisch hohl“ und betonte: „Einen verheerenden Angriff auf ein Nachbarland anzuordnen und dies gleichzeitig als Friedensleistung zu feiern, offenbart eine zutiefst beunruhigende Widersprüchlichkeit.“
Frieden als semantische Waffe
Wer Frieden ruft und gleichzeitig mit Bomben wirft, hat den Begriff nicht verstanden. Die Vorstellung, Donald Trump – einen Mann, der mit Eskalation, Polarisierung und militärischer Härte Politik betreibt – mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen, ist ein bitterer Schlag ins Gesicht all jener, die sich weltweit unter Lebensgefahr für echten Frieden einsetzen.
Trump verwendet den Begriff Frieden wie ein rhetorisches Feigenblatt – losgelöst von seinen historischen, moralischen und politischen Wurzeln. Wo echte Friedenspolitik auf Ausgleich, Diplomatie und Konfliktvermeidung setzt, nutzt Trump „Frieden“ als PR-Label für Stärke durch Einschüchterung und für das Erzwingen von Gehorsam durch Drohung und Gewalt. Sein Verständnis von Frieden ist kein Zustand gegenseitiger Sicherheit, sondern das Schweigen der Gegenseite nach einem militärischen Schlag.
Das ist kein neuer Trick, aber ein gefährlicher: Wer Frieden mit Machtgleichgewicht oder gar mit Dominanz verwechselt, verschiebt den Diskurs weg von Völkerrecht, Menschenrechten und Verantwortung – hin zur bloßen Kalkulation von Interessen. Trumps Sprache verrät dabei mehr als seine Handlungen: Wenn er nach einem Angriff sagt „Now is the time for peace“, meint er nicht den Aufbau von Verständigung, sondern die Selbstinszenierung als Sieger. Das Wort Frieden wird damit zur semantischen Waffe. Ausgehöhlt, instrumentalisiert und seiner eigentlichen Bedeutung beraubt.
Es braucht mehr Gerechtigkeit und Schutz vor Gewalt
Wie der norwegische Friedensforscher Johan Galtung betont, ist Frieden mehr als die bloße Abwesenheit von Krieg. Er unterscheidet zwischen „negativem Frieden“, also einem Zustand, in dem keine offenen Kämpfe stattfinden und „positivem Frieden“, der auf Gerechtigkeit, Teilhabe, Menschenrechten und dem Abbau struktureller Gewalt beruht. Frieden, so Galtung, bedeutet nicht einfach das Schweigen der Waffen, sondern die aktive Präsenz von Gerechtigkeit.
Gerade dieser positive Frieden, der Zustand, in dem Gerechtigkeit, Menschenwürde und Schutz vor Gewalt garantiert werden, fehlt heute auf dramatische Weise. Blicken wir nur kurz in den Gazastreifen. Während dort Zivilisten unter Bomben und Hunger leiden, wird der Begriff „Frieden“ auf internationaler Bühne zunehmend ausgehöhlt und politisch missbraucht. Gaza ist längst zum Symbol geworden für das, was fehlt: Gerechtigkeit. Wer Frieden ruft, aber gleichzeitig Waffen liefert oder militärische Gewalt legitimiert, täuscht nicht nur andere, sondern auch sich selbst. Ohne Gerechtigkeit, ohne rechtlichen Schutz für die Schwächsten, ohne echten politischen Willen zur Lösung, bleibt Frieden eine leere Hülle und Gaza ein Mahnmal unseres moralischen Versagens.
Es ist kein Zustand des „Friedens“, wenn eine Seite schweigt, weil sie keine Stimme mehr hat. Es ist das Ende von Hoffnung.
Was ist der Friedensnobelpreis wert?
Gerade deshalb ist es so zynisch, wenn ausgerechnet Donald Trump, der Luftangriffe autorisiert und Kriegsrhetorik als Führungsstärke verkauft, für den Friedensnobelpreis nominiert wird. Ein Friedensnobelpreis ist mehr als ein politisches Signal. Er ist eine moralische Auszeichnung für Diplomatie, Deeskalation, den Schutz von Menschenleben. Wer diesen Preis einem Mann verleiht, der in einem Atemzug den „großartigen“ Luftangriff auf ein Nachbarland feiert und sich selbst als Friedensstifter bezeichnet, entwertet nicht nur das Vermächtnis Alfred Nobels, sondern verhöhnt all jene, die unter den Folgen solcher Angriffe leiden.
Diese Nominierung sendet das fatale Signal, dass militärische Macht mit moralischer Autorität gleichgesetzt werden kann. Dass Frieden offenbar nicht mehr auf Verständigung beruht, sondern auf der Überlegenheit von Waffen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, wie tief die internationale Ordnung ins Wanken geraten ist. Wenn diese Entwicklung Schule macht, dann wird der Friedensbegriff endgültig zur Farce und mit ihm die Hoffnung auf eine gerechtere Welt.