Fared Al-Madhhan stammt aus der Stadt Sheikh Miskin in der syrischen Region Daraa, wo die syrische Revolution im Jahr 2011 angefangen hat. Als Assistent in der forensischen Abteilung der Militärpolizei in Damaskus war er damit beauftragt, die Leichen verstorbener Häftlinge zu fotografieren – viele von ihnen waren durch Folter, Hunger oder Misshandlungen ums Leben gekommen.
Zunächst verrichtete er seine Arbeit, ohne Fragen zu stellen. Doch mit der Zeit erkannte er das unvorstellbare Ausmaß der Gräueltaten. Jeden Tag sah er entstellte Körper, gebrochene Knochen, verbrannte Haut. Die Brutalität, die sich vor seinen Augen abspielte, ließ ihn nicht mehr los. Für ihn wurde klar: Er muss seine Fotos, die die Grausamkeit des syrischen Regimes beweisen, an die Öffentlichkeit bringen.
Der riskante Weg der Wahrheit
Über einen Zeitraum von drei Jahren dokumentierte Al-Madhhan mehr als 55.000 Bilder, die den Tod von mindestens 11.000 Gefangenen belegen. Um diese Aufnahmen aus seinem Büro zu schmuggeln, griff er zu kreativen Methoden: Er versteckte Speicherkarten in seiner Kleidung oder sogar zwischen Broten.
Mit der Unterstützung von Aktivist*innen gelang es ihm schließlich, die Bilder heimlich an internationale Organisationen weiterzugeben. Sie nannten sich, um unerkannt zu bleiben, “Gruppe Caesar”. Im Jahr 2014 wurden die Beweise aus dem Land geschmuggelt – und die Welt erfuhr erstmals von den systematischen Verbrechen in syrischen Gefängnissen.
Internationale Reaktionen: Der „Caesar Act“ und harte Sanktionen
Als die Bilder öffentlich wurden, lösten sie weltweit Entsetzen aus. Besonders in den USA und in Europa forderten Politiker*innen Konsequenzen für das Assad-Regime.
2019 verabschiedete der US-Kongress den „Caesar Act“, ein Gesetz, das harte wirtschaftliche Sanktionen gegen das syrische Regime und alle seine wirtschaftlichen Partner verhängte. Ziel war es, das Assad-Regime international zu isolieren und den Druck zu erhöhen, um die Menschenrechtsverletzungen zu stoppen.
In einem Interview mit Al Jazeera sagte Al-Madhhan:„Ich wusste, dass ich mein Leben riskiere, aber die Welt musste die Wahrheit erfahren. Tausende unschuldige Menschen sind in den Gefängnissen gestorben – ich konnte nicht schweigen.“
Was passiert jetzt?
Fared Al-Madhhan hat seine Identität nun nach dem Sturz des Assad-Regimes preisgegeben – doch sein Einsatz für die Gerechtigkeit ist noch nicht zu Ende. Seine Enthüllungen haben den Druck auf die internationale Gemeinschaft erhöht, gegen diese Verbrechen vorzugehen. Die Frage bleibt noch immer bestehen: Wird die Welt den Opfern Gerechtigkeit verschaffen?
Denn das Offenlegen dieser Gräueltaten reicht nicht aus, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Jetzt liegt die Verantwortung bei der internationalen Gemeinschaft: Wird sie handeln, um Gerechtigkeit für die Tausenden Opfer zu fordern?