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2 Min. Lesezeit Persönliche Geschichten

Es ist hart, zurück zu sein

Nach mehr als einem Jahr hat Angela wieder Zeit in ihrer Heimat Venezuela verbracht. Zurück in Deutschland sieht sie sich mit gemischten Gefühlen konfrontiert.

Es ist hart, zurück zu sein
Fotograf*in: Bryan Rodriguez auf unsplash

Der kalte Winter hat mein Herz wie Eis gemacht. Zuhause in Venezuela zu sein, war wie eine Zeitreise. Es war, als ob dort die Zeit stehen geblieben ist. Alles war gleich. Die Bäckerei an der Ecke war die gleiche, die Kirche war die gleiche, meine Familie war die gleiche, meine Freundinnen waren die gleichen.

Alles war gleich, aber ich war eine andere.

Ich bin als 22-jähriges Au-Pair-Mädchen nach Deutschland gekommen. Ich habe davon geträumt, schnell Deutsch zu lernen und eine Ausbildung in Marketing und Kommunikation zu machen. Ich dachte, ich könnte schnell einen Ausbildungsplatz bekommen. Aber es war nicht so einfach.

Die Realität war: Ich musste nehmen, was ich bekommen konnte und nicht, was ich wollte. Ich habe über einhundert Bewerbungen geschrieben, in allen Bundesländern. Sie wollten mir nicht helfen, den Papierkram zu erledigen, ein Arbeitsvisum zu beantragen und mich bei der Wohnungssuche zu unterstützen. „Das wird schwer für dich“ war die Antwort, „bleib lieber in Berlin.“ Darauf war ich nicht vorbereitet. Es war alles außerhalb meiner Kontrolle. Schließlich fand ich in Berlin einen Ausbildungsplatz zur Kauffrau für Dialogmarketing.

Ich war stark in Deutschland, ich musste durchhalten. Ich habe weiter Deutsch gelernt, alle Arbeiten in der Berufsschule geschafft und nebenbei als Kellnerin gejobbt, um überleben zu können. Und ich habe in Berlin ein neues Zimmer gefunden.

Nach eineinhalb Jahren bin ich zum ersten Mal wieder nach Hause geflogen. Es war, wie in einer alten Welt zu leben, in der ich in der alten Version von mir nicht mehr existiere. Die alte Version hatte Träume, die neue Version ist immer nur fleißig, arbeitet hart und versucht, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Sie ist stolz, aber nicht froh.

Aber auch diese neue Version von mir wollte nicht nach Deutschland zurückkehren. In der Sonne zu liegen, mit meiner Familie und meinen Freundinnen zu sein, hat mich spüren lassen, wie allein ich in Deutschland bin. Ja, ich weiß, es war meine Entscheidung, allein hierherzukommen. Im ersten Jahr und den folgenden fünf Monaten fühlte ich mich nicht traurig und allein. Ich dachte, ich schaffe alles in Deutschland. Aber dort zu Hause dachte ich „Wow, wie allein ich in Deutschland bin.’“

Ich finde kaum Menschen, die meine Lage verstehen. Ich habe in Deutschland Freunde, aber alle sind genauso wie ich: Arbeit, Studium, Lernen und so weiter. Ich muss immer weitermachen und spüre eine innere Leere, obwohl ich immer etwas zu tun habe.

Manchmal überlege ich, ob das Leben so ist, dass man Arbeit und Studium hat, aber keine Gefühle.

Dieser Text ist im Schreibtandem entstanden. Hier kannst du mehr darüber erfahren

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