Vorfreude, Sorge, Unsicherheiten und vielleicht auch ein wenig Angst vor dem Unbekannten – der erste Tag an der Universität ist für viele Studierende ein Moment voller gemischter Gefühle. Besonders für jene, die als Migrant*innen nach Deutschland gekommen sind und deren Muttersprache nicht Deutsch ist, stellt der Studienbeginn eine besonders große Herausforderung dar. Dieser Migrantipp liefert einige Tipps für ein erfolgreiches erstes Semester (und viele weitere).
1. Orientierung auf dem Campus: die Basis für den Start
Der Universitätscampus kann anfangs wie ein Labyrinth wirken. Große Gebäude, viele Menschen und Schilder in einer fremden Sprache – da ist es ganz normal, sich zunächst verloren zu fühlen. Doch eine gute Orientierung ist der Schlüssel, um das Gefühl der Überforderung zu überwinden. Eine Orientierungswoche mit Fachschaft oder Campusführungen (oft angeboten von der Universität selbst oder durch den AStA) helfen, die wichtigsten Gebäude zu finden: die Mensa, das Sekretariat, die Bibliothek und die Hörsäle.
Zusätzlich kann es hilfreich sein, sich frühzeitig eine Liste wichtiger Begriffe anzulegen. Was ist eine Vorlesung? Was versteht man unter einem „Tutorium“? Wie ist es, wissenschaftlich zu arbeiten? Wer früh die universitären Fachbegriffe lernt, hat es später leichter.
2. Kontakte knüpfen
Kaum etwas ist wertvoller, als frühzeitig Kontakte zu anderen Studierenden zu knüpfen. Besonders für Migrant*innen und Nicht-Muttersprachler*innen ist es wichtig, ein Netzwerk aufzubauen, um sich im Studium besser zurechtzufinden. Viele Universitäten bieten spezielle Mentoringprogramme an, bei denen erfahrene Studierende neuen zur Seite stehen. Ein*e Mentor*in kann bei organisatorischen Fragen helfen, aber auch dabei, den sozialen Anschluss zu finden.
Außerdem bieten Lerngruppen eine hervorragende Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und gleichzeitig den Studieninhalt besser zu verstehen. Der Austausch mit Kommilitoninnen erleichtert das Lernen und schafft ein Gefühl der Gemeinschaft. Studienanfängerinnen sollten keine Angst davor haben, auf andere zuzugehen – oft ergibt sich daraus nicht nur Unterstützung im Studium, sondern auch eine wertvolle Freundschaft.
3. Sprachliche Herausforderungen meistern
Die größte Hürde für viele Migrant*innen und Nicht-Muttersprachler*innen ist die Sprache. Akademisches Deutsch ist komplex und das Studium bringt zahlreiche Fachbegriffe mit sich, die oft auch für Muttersprachler*innen schwierig sind. Hier ist der Besuch von Tutorien sehr zu empfehlen. Viele Hochschulen bieten solche Tutorien an, um den Einstieg zu erleichtern.
Digitale Tools können ebenfalls helfen: Online-Wörterbücher wie Duden.de oder PONS bieten eine gute Unterstützung, wenn es um die Übersetzung schwieriger Begriffe geht. Auch Programme wie DeepL oder Chat GPT sind nützliche Hilfen, um Texte besser zu verstehen. Dennoch sollte der Fokus darauf liegen, die Sprachkompetenzen kontinuierlich zu verbessern, da sie der Schlüssel zum langfristigen Studienerfolg sind.
4. Hilfe annehmen: Beratungsstellen und Schreibzentren nutzen
Für viele Studierende – ob international oder nicht – kann der Studienbeginn überfordernd sein. Fragen zu stellen, ist jedoch keine Schwäche, sondern ein wichtiger Teil des Lernprozesses. Viele Universitäten haben Beratungsstellen, die speziell für internationale Studierende eingerichtet wurden. Diese Stellen bieten Unterstützung bei Fragen zum Aufenthalt, zur Studienorganisation oder zu rechtlichen Angelegenheiten.
Ebenfalls wertvoll sind die Schreibzentren an den Hochschulen. Dort erhalten Studierende Hilfe beim Schreiben wissenschaftlicher Texte, zum Beispiel bei der Struktur einer Hausarbeit oder bei der richtigen Zitierweise. Diese Unterstützung ist besonders für Nicht-Muttersprachler*innen wichtig, die oft zusätzlich mit sprachlichen Unsicherheiten kämpfen.
5. Selbstorganisation: Der Schlüssel zum Erfolg
Das deutsche Universitätssystem zeichnet sich durch eine hohe Eigenverantwortung der Studierenden aus. Der eigene Stundenplan muss selbst erstellt werden, Vorlesungen, Seminare und Tutorien sind oft frei wählbar. Diese Freiheit kann anfangs verwirrend sein, bietet aber auch viele Möglichkeiten. Workshops zur Studienorganisation, die von vielen Hochschulen angeboten werden, helfen, den Überblick zu behalten.
Digitale Tools wie Uni-App, Kalender-Apps oder To-Do-Listen-Apps sind nützlich, um den Studienalltag zu organisieren. Sie unterstützen dabei, alle wichtigen Termine im Blick zu haben und stressige Situationen zu vermeiden. Das richtige Zeitmanagement ist entscheidend, um im Studium erfolgreich zu sein – besonders, wenn man nebenbei noch andere Verpflichtungen hat wie Sprachkurse oder einen Nebenjob.
6. Pausen und Selbstfürsorge: Für das eigene Wohlbefinden sorgen
Ein neuer Lebensabschnitt bringt auch Stress mit sich, besonders wenn man sich in einem neuen Land zurechtfinden muss. Um gesund und motiviert zu bleiben, ist es wichtig, sich regelmäßige Pausen zu gönnen und auf das eigene Wohlbefinden zu achten. Sportangebote der Universität, beispielsweise Fußball, Tanz oder Fitnesskurse, sind eine gute Möglichkeit, Körper und Geist eine Auszeit zu gönnen und gleichzeitig neue Menschen kennenzulernen.
Die meisten Universitäten haben zudem psychologische Beratungsstellen, die Studierende in schwierigen Situationen unterstützen. Diese Angebote sollten nicht unterschätzt werden – vor allem, wenn der Druck zu groß wird oder man das Gefühl hat, allein mit den Herausforderungen des Studiums zu kämpfen.
7. Integration in die Hochschulgemeinschaft
Eine Universität ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch der Begegnung und der Gemeinschaft. Sich aktiv zu beteiligen, sei es im Rahmen von studentischen Initiativen, Sportgruppen oder interkulturellen Abenden, erleichtert den Einstieg und bietet die Möglichkeit, Menschen aus aller Welt kennenzulernen. Viele Hochschulen haben auch Vereine von internationalen Studierenden, die sich gezielt an Migrant*innen und Austauschstudierende richten. Diese Gruppen bieten Unterstützung, Kontakte und sind ein wichtiger Baustein für die Integration in die neue Umgebung.
8. Eigeninitiative zeigen und keine Angst vor Fehlern haben
An einer deutschen Universität wird Eigeninitiative großgeschrieben. Professor*innen und Dozierende erwarten, dass die Studierenden Fragen stellen, den Stoff selbstständig nacharbeiten und aktiv mitarbeiten. Für viele Migrant*innen, die möglicherweise andere Bildungssysteme gewohnt sind, kann dies eine Umstellung bedeuten. Doch wer den Mut hat, sich aktiv einzubringen und keine Angst davor hat, Fehler zu machen, wird schnell merken, dass dies auch der beste Weg ist, um zu lernen.
Gerade Fehler sind ein wichtiger Teil des Lernprozesses, besonders wenn es um das Erlernen einer neuen Sprache geht. Wer sich traut, auch in unsicherem Deutsch Fragen zu stellen, zeigt Engagement – und dieses Engagement wird an der Uni immer geschätzt.
9. Finanzielle Unterstützung und Stipendien
Für internationale Studierende gibt es in Deutschland zahlreiche Fördermöglichkeiten wie Bafög und Stipendien. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) sowie viele andere Stiftungen bieten viele Stipendienprogramme, die finanzielle Unterstützung bieten und helfen, sich ganz auf das Studium zu konzentrieren. Zudem bieten auch viele Stiftungen spezielle Förderungen für Migrant*innen an. Ein Blick in die verschiedenen Angebote lohnt sich, da es oft auch zusätzliche Mentoringprogramme und Netzwerktreffen gibt, die den Einstieg ins Studium erleichtern.
10. Mutig ins Abenteuer
Ein Studium in einem fremden Land ist eine große Herausforderung, aber auch eine einzigartige Chance. Für Migrant*innen und Nicht-Muttersprachler*innen ist der Weg manchmal steiniger – doch mit Offenheit, Neugier und einer guten Portion Mut lassen sich die Hürden meistern. Die Universität bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Unterstützung, und die vielen Begegnungen mit Menschen aus aller Welt machen das Studileben bunt und bereichernd.
Das Wichtigste ist, sich selbst zu vertrauen, keine Angst vor Fehlern zu haben und aktiv auf andere zuzugehen. Wer diesen Weg geht, wird schnell merken, dass er nicht allein ist – und dass das Abenteuer Universität eine Erfahrung ist, die das Leben nachhaltig bereichert. Mit etwas Geduld und Unterstützung steht einem erfolgreichen Start ins Studium nichts mehr im Weg.