Zum Inhalt springen
2 Min. Lesezeit Newsletter

Eid in Deutschland: Ein Fest, viele Realitäten

Die migrationsnews sind dein wöchentlicher Überblick zu den Themen Flucht und Migration. Diese Woche schreibt Chefredakteur Hussam über das Iftarfest in Deutschland.

Eid in Deutschland: Ein Fest, viele Realitäten
Fotograf*in: Rachael Gorjestani auf unsplash.com

Seit Sonntag läuft das Fest zum Ende des Fastenmonats Ramadan, auf Deutsch auch „Zuckerfest“ genannt. Auf Arabisch wird es „Eid al-Fitr“, also „Iftarfest“ genannt, weil es direkt nach dem Monat des Fastens gefeiert wird. Allerdings gibt es Uneinigkeiten über die genaue Bezeichnung.

Für mich war Eid dieses Jahr etwas merkwürdig, weil meine Familie in Syrien erst am Montag gefeiert hat, also einen Tag nach Deutschland.  Wie kann es sein, dass wir zusammen gefastet haben, aber nun nicht zusammen feiern?

Der Grund dafür liegt darin, wie der Beginn und das Ende des Ramadan festgelegt werden: Die Tage richten sich nach dem Mondkalender. Das bedeutet, dass jeder Monat mit dem Erscheinen der neuen Mondsichel beginnt. Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob man sich auf wissenschaftliche Berechnungen verlassen oder den Mond mit bloßem Auge sichten soll. Viele Moscheen in Deutschland – ähnlich wie in der Türkei – verlassen sich auf wissenschaftliche Daten, während man in arabischen Ländern wie Syrien den Mond traditionell mit dem bloßen Auge beobachtet. Da er dort am Samstagabend nicht gesehen wurde, dauerte der Ramadan in vielen Ländern 30 Tage.

Aber nicht nur das Ramadanfest verläuft in Deutschland und anderen mehrheitlich nicht-islamischen Ländern anders: Hier gibt es schließlich keinen gesetzlichen Feiertag und keine gemeinsamen Feierlichkeiten wie in einigen islamischen Ländern, wo die Straßen geschmückt werden. Ich möchte damit nicht indirekt vorschlagen, dass in Deutschland nun überall Straßen geschmückt werden sollten. Wie wir hier berichtet haben, gibt es dafür erste Versuche, die allerdings auch zu Ablehnung und Diskussion geführt haben.

Mir fällt auf, dass hier in Deutschland viele wichtige Feiertage – nicht nur für Muslime, sondern auch für andere Religionsgemeinschaften – kaum Beachtung finden. In den sozialen Medien posten Regierungsvertreter*innen vielleicht ein Bild und gratulieren, aber in die Gesellschaft dringt es nicht unbedingt durch.

Immerhin fiel das Iftarfest dieses Jahr auf einen Sonntag, der für viele ohnehin arbeitsfrei ist. So konnten viele Muslim*innen in die Moschee gehen und das morgendliche Festgebet verrichten. Ich habe nach dem Gebet zufällig ein paar Bekannte getroffen, sie begrüßt und beglückwünscht. Ein wichtiger Teil des Fests ist schließlich, gemeinsam zu feiern.

Anschließend war ich bei meinem Bruder eingeladen, wo wir Falafel gefrühstückt haben. Während des Ramadan essen wir in meiner Familie traditionell keine Falafel; dafür ist es bei uns Brauch, am ersten Festtag damit zu frühstücken. Andere muslimische Familien haben wiederum andere Vorlieben und Traditionen. In einem der nächsten Beiträge werde ich mehr über die Geschichte der Falafel erzählen – also bleib gerne dran!

Obwohl Eid-al-Fitr eigentlich drei Tage dauert, bin ich am Montag trotzdem ins Büro gegangen und sitze am Schreibtisch und schreibe diesen Newsletter. Einerseits, weil es wie immer viel zu tun gibt bei kohero, aber auch, weil es sich irgendwie weiterhin für mich komisch anfühlt, freizumachen und zu feiern, wenn sich die Welt um mich herum wie normal weiter bewegt.

Ein Freund erzählte mir, dass er am ersten Eid-Tag arbeiten musste. Wie viele Muslime in Deutschland konnte er sich nicht frei nehmen, manche müssen extra Urlaub beantragen. Eine Bekannte von mir arbeitet in Köln an einer Schule, in der vor allem türkische Frauen beschäftigt sind, viele davon Musliminnen. Dort können nicht alle gleichzeitig Urlaub nehmen.

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Ein Bekannter berichtete mir gestern, dass in der Hamburger Kita seines Sohnes am Montag Eid gefeiert wird, obwohl dort nicht alle Kinder Muslim*innen sind und es keine religiöse Einrichtung ist. Das ist ein schönes Zeichen der Offenheit, bei dem Kinder spielerisch andere Religionen kennenlernen können. Vielleicht könnten wir Erwachsene auch etwas davon mitnehmen.

Teilen Teilen Teilen Teilen