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Duha und Hamza blicken auf ihre erste Bundestagswahl

Duha Marati und Hamza Nhile, ein deutsch-syrisches Paar aus Dortmund, nehmen heute erstmals an den Bundestagswahlen teil. Nach Jahren harter Arbeit haben sie sich ihren Platz in der deutschen Gesellschaft erkämpft. Der Gang zur Wahlurne ist ein bedeutender Meilenstein auf ihrem Weg.

Duha und Hamza blicken auf ihre erste Bundestagswahl
Fotograf*in: privat

Für Duha und Hamza war die Entscheidung, nach Deutschland zu migrieren, nicht einfach. Wie viele Menschen, die aus Krisengebieten fliehen, suchten sie nicht nur nach Sicherheit, sondern auch nach einer Möglichkeit, ein neues Leben aufzubauen. Der Krieg in Syrien trieb sie beide in die Flucht, jeweils auf eine eigene Weise.

Der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft

Duha Marati (28) ist Master-Studentin im Bereich Architektur und verließ Syrien vor zehn Jahren, als die Bombardierungen und willkürlichen Verhaftungen in ihrem Heimatland immer unerträglicher wurden. „Wir mussten unser Zuhause verlassen und flohen vor den heftigen Bombenangriffen“, erinnert sich Duha, die heute in einem Ingenieurbüro arbeitet, um ihr Studium zu finanzieren. In Deutschland angekommen, stellte sie fest, dass der Weg zu einem neuen Leben voller Herausforderungen war – angefangen bei bürokratischen Hürden über das Erlernen der deutschen Sprache bis hin zum Finden eines Arbeitsplatzes.

Ähnlich erging es Hamza Nhile, (27), der als Bauingenieur bei der Deutschen Bahn arbeitet und einen Masterabschluss in Bauingenieurwesen besitzt. Auch er musste aufgrund des Krieges in Syrien mehrfach fliehen und sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, seine akademische und berufliche Laufbahn unter extremen Bedingungen fortzusetzen. „Vor meiner Ankunft in Deutschland musste ich innerhalb Syriens mehrfach fliehen, was dazu führte, dass ich mein Studium ein Jahr lang unterbrechen musste“, erzählt Hamza. „Als der Krieg eskalierte, verlor ich die Hoffnung, meine Ausbildung fortzusetzen, und sah in Deutschland die einzige Chance, dem Krieg zu entkommen und neu zu beginnen.“

Jedoch war der Weg in die deutsche Gesellschaft nicht einfach. Duha und Hamza mussten ihre beruflichen Qualifikationen anerkennen lassen, sich mit den Herausforderungen des deutschen Arbeitsmarktes auseinandersetzen und die deutsche Sprache meistern – eine enorme Leistung, die sie beide schließlich erfolgreich bewältigten.

Ein Moment der Zugehörigkeit

Nach Jahren des Kampfes haben Duha und Hamza endlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Diese Anerkennung ihrer Anstrengungen ist für sie nicht nur ein bürokratischer Akt, sondern ein bedeutender Schritt in ihrem Leben. Für Duha bedeutet der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft vor allem eines: „Ich fühle mich sehr stolz und dankbar, die deutsche Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren im Land erhalten zu haben. Ich betrachte mich nun als ein integraler Teil der deutschen Gesellschaft und habe das Recht, die Staatsbürgerschaft dieses Landes zu tragen, das mich aufgenommen hat.“ Ihre Worte sind von einer tiefen Dankbarkeit geprägt, die auf den Erfahrungen eines schwierigen Weges basiert.

Auch Hamza zeigt sich stolz: „Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nach diesem langen Weg der Anstrengung und Herausforderungen war eine wohlverdiente Belohnung.“ Die Jahre der Unsicherheit, der Sprachbarrieren und der Anpassung an eine neue Kultur, die oft als fremd empfunden wurde, sind nun Vergangenheit. Sie sind angekommen. Als deutsche Staatsbürger*innen haben sie nun nicht nur ein Stück Papier in der Hand, sondern auch das Gefühl, in der Gesellschaft und dem Land, das sie aufgenommen hat, einen festen Platz zu haben.

„Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nun gehört wird und dass ich aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beitragen kann.“

Mit der deutschen Staatsbürgerschaft kommt eine neue Verantwortung – und das Recht, an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Für Duha und Hamza bedeutet die Teilnahme an der Bundestagswahl ein ganz besonderes Ereignis. Für Duha ist es eine Gelegenheit, ihre Stimme in der deutschen Politik zu erheben und aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beizutragen. „Es bedeutet mir sehr viel“,sagt sie.„Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nun gehört wird und dass ich aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beitragen kann.“

Hamza teilt diese Begeisterung: „Es wird meine erste Wahl in einem demokratischen System sein, und ich bin sehr aufgeregt. Die Teilnahme an den Wahlen gibt mir das Gefühl, zur deutschen Gesellschaft zu gehören und meine Meinung zu äußern.“ Für Hamza ist es nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung, seine Stimme abzugeben und sich an der politischen Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen.

Doch auch wenn der Moment der Wahl ein Anlass zur Freude ist, blicken beide mit einer gewissen Besorgnis auf die politischen Entwicklungen in Deutschland. Die zunehmende Unterstützung rechter Parteien und der wachsende Populismus bereiten sowohl Duha als auch Hamza Sorgen.

Der Aufstieg rechter Parteien

Ein Thema, das beide in den letzten Jahren zunehmend beschäftigt hat, ist der Aufstieg rechter und extrem rechter Parteien in Deutschland. In ihren Antworten auf die Fragen zu den aktuellen politischen Entwicklungen wird deutlich, dass Duha und Hamza nicht nur die politische Lage aufmerksam verfolgen, sondern auch eine klare Haltung zu den Herausforderungen und Gefahren eingenommen haben, die mit dieser Entwicklung verbunden sind.

„Ja, ich habe echte Bedenken. Dieser Aufstieg verstärkt meine Motivation, aktiv an den Wahlen teilzunehmen, um der Ausbreitung extrem rechter Parteien entgegenzuwirken“, äußert sich Duha besorgt. Für sie ist der politische Diskurs rund um Migrantinnen und Geflüchtete oft von einer Sprache geprägt, die eine Feindseligkeit schürt und Spannungen verstärkt. Doch sie hofft, dass ihre Teilnahme an den Wahlen und die Stimmen anderer Migrantinnen einen positiven Einfluss auf das Wahlergebnis haben werden.

„Ja, es gibt klare Bedenken wegen des Aufstiegs rechter extremistischer Parteien, die zu einer verstärkten Feindseligkeit gegenüber Migranten führen und Spannungen in der Gesellschaft schüren“, teilt Hamza diese Sorge. Auch er hat den Eindruck, dass politische Rhetorik in den letzten Jahren immer mehr auf Polarisierung setzt und Migrant*innen als Sündenböcke und Feindbild genutzt werden. Für ihn steht fest, dass die Teilnahme am demokratischen Prozess eine Möglichkeit ist, sich gegen diese Entwicklung zu stellen.

Hoffnung auf Solidarität in einem vielfältigen Land

Trotz der Herausforderungen, die sie während ihrer Zeit in Deutschland gemeistert haben, sind Duha und Hamza zuversichtlich, was die Zukunft des Landes betrifft. Ihre Erwartungen für Deutschland als neue Staatsbürger*innen sind optimistisch: Duha hofft, dass Deutschland ein Land bleibt, das für kulturelle Vielfalt offen ist. Ich hoffe, dass Deutschland ein offenes Land für verschiedene Kulturen bleibt und weiterhin Frieden und Stabilität genießt“, sagt sie. Auch Hamza teilt diese Vision. „Ich hoffe, dass Deutschland ein offenes, multikulturelles Land bleibt und dass die deutsche Wirtschaft ihre Stärke wiedererlangt, wovon alle profitieren können.“

Für beide ist der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nicht nur ein persönlicher Erfolg, sondern auch eine Verpflichtung, das Land aktiv mitzugestalten und positiv zu beeinflussen. Sie sehen sich als Teil einer Gesellschaft, die sich weiterentwickeln kann, wenn alle – einschließlich der Migrant*innen – ihren Beitrag leisten.

Ihre Botschaft an andere Migrant*innen, die noch keine Staatsbürgerschaft erhalten haben, ist klar: „Arbeitet hart, um dies zu erreichen. Ein deutscher Reisepass zu haben, gibt ein großartiges Gefühl von Stolz und Zugehörigkeit.“ Hamza fügt hinzu: „Lernt die deutsche Sprache gut, haltet euch an die Gesetze und seid ein aktiver Teil der Gesellschaft. Es gibt viele Chancen, aber sie erfordern kontinuierliche Anstrengung und Arbeit, um erfolgreich zu sein.“

Für das deutsch-syrische Paar ist die Teilnahme an den Bundestagswahlen ein Symbol für die Verwirklichung ihrer Träume und Anstrengungen. Ihre Geschichte ist nicht nur die einer Migration, sondern auch die einer erfolgreichen Integration in ein Land, das ihnen die Möglichkeit gegeben hat, ein neues Leben zu beginnen. Am heutigen Sonntag werden sie ihre Stimmen abgeben – für sich selbst, für die Gesellschaft, in der sie leben, und für die Zukunft Deutschlands.

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