Vorgestern habe ich die Dokumentation „Einigkeit und Recht und Vielfalt“ gesehen, für die der WDR auch eine repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben hat. Autor Philipp Awounou untersucht darin die Entwicklung des Migrationsanteils in der deutschen Nationalmannschaft und was dies über die deutsche Gesellschaft aussagt.
Die Fragen der Umfrage waren:
Ich fände es besser, wenn wieder mehr weiße Spieler in der deutschen Nationalmannschaft spielen.
Ich finde es gut, dass in der deutschen Mannschaft mittlerweile viele Fußballer spielen, die einen Migrationshintergrund haben.
Ich finde es schade, dass der derzeitige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft türkische Wurzeln hat.
Ich war sehr überrascht. Wer hat sich diese Umfrage ausgedacht? Warum sollte man dafür stimmen oder nicht stimmen? Deutschland ist ein Einwanderungsland und kann nicht nur mit Menschen ohne Migrationsgeschichte eine gute Mannschaft aufbauen.
Im Sport, besonders im Fußball, geht es darum, die besten Spieler*innen zu haben und zu gewinnen – egal, wer sie sind. Und die Fans jeder Mannschaft sind zufrieden, wenn sie gewinnen – egal, wer spielt. Natürlich gibt es Herausforderungen, besonders wenn die Mannschaft verliert. Aber am Ende geht es eigentlich nur um den Sieg.
Viele Spieler*innen, darunter auch Nationalspieler Joshua Kimmich, haben sich für Vielfalt in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ausgesprochen und klare Kante gegen Rassismus gezeigt. „Der Fußball ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man verschiedene Nationen, Hautfarben und Religionen vereinen kann. Darum geht es“, sagte Kimmich im EM-Trainingslager in Herzogenaurach.
66 % der Befragten finden es gut, dass viele Spieler der Nationalmannschaft einen Migrationshintergrund haben. 21 % bevorzugen hingegen mehr weiße Spieler. Diese Meinung ist besonders bei Anhängerinnen der AfD (47 %) und des Bündnisses Sahra Wagenknecht (38 %) verbreitet, während sie bei Anhängerinnen der Union (18 %), SPD (14 %) und Grünen (5 %) weniger Zustimmung findet.
Darüber hinaus bedauern 17 % der Befragten, dass der derzeitige Kapitän der Nationalmannschaft, Ilkay Gündoğan, türkische Wurzeln hat, während 67 % dieser Aussage nicht zustimmen.
Obwohl dieses Ergebnis zeigt, dass die Mehrheit kein Problem mit dem Migrationshintergrund der Spieler hat, berichten die Medien oft sensationell: „Jeder Fünfte für mehr weiße Nationalspieler“.
Die Frage ist: Wie sprechen wir in dieser Art und Weise über Rassismus?
Lorenz Narku Laing, Professor für Sozialwissenschaften und Rassismusforschung an der Evangelischen Hochschule Bochum und zertifizierter Diversitytrainer, sagt im Deutschlandfunk: „Den Wunsch, Rassismus unsichtbar zu machen, kann ich nachvollziehen. Das Thema ist schwer, es ist unangenehm, und es ist auch konfliktreich. Aber wenn wir Rassismus wirklich überwinden wollen, müssen wir ihn bearbeiten. Das kostet viel Energie und Zeit und die wollen die Leute vielleicht nicht immer reinstecken.“
Die Dokumentation beleuchtet auch die Erfahrungen von Spielern wie Gerald Asamoah, der von Rassismus in deutschen Stadien berichtet, und Shkodran Mustafi, der über die Erwartungen an die Integration der Spieler spricht. Nationalspieler Jonathan Tah betont die Einheit und Vielfalt der Mannschaft, die gemeinsam für den Erfolg bei der EURO kämpfen will.
Ich bin der Meinung, wir sollten auf eine andere Weise darüber sprechen. Es sollten diejenigen spielen, die es verdient haben, in der Mannschaft zu sein. Und die Mannschaft ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Wenn die Gesellschaft vielfältig ist, dann ist auch die Mannschaft vielfältig – ganz realistisch gesehen.