Bereits einen Tag nach dem Sturz des Assad-Regimes wurde in Deutschland und Europa intensiv darüber diskutiert, wie mit syrischen Geflüchteten umgegangen werden soll. Viele Politiker*innen, insbesondere in Deutschland, fordern die Rückkehr der Geflüchteten nach Syrien, das nun als „sicheres Land“ betrachtet wird. Deutschland und andere europäische Länder haben seit Montag wegen der unklaren Lage vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus Syrien ausgesetzt.
Der dänische Minister für Integration und Migration, Kaare Dybvad, erklärte in einem Interview mit dem finnischen Fernsehsender „MTV3“: „Für diejenigen, die in ihre Heimat zurückkehren möchten, bieten wir etwa 20.000 bis 25.000 Euro an, damit sie zurückkehren können.“
Im Vergleich dazu zeigte sich Jens Spahn, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender, weniger großzügig. Er schlug im RTL/ntv- „Frühstart“ vor: „Wie wäre es, wenn die Bundesregierung sagt: Jeder, der nach Syrien zurückkehren möchte, für den chartern wir Maschinen. Der bekommt ein Startgeld von 1.000 Euro.“
Die CDU versucht, dieses Thema für den Wahlkampf zu nutzen, ignoriert dabei jedoch, was viele Arbeitgeberinnen in Deutschland befürchten: Sollte eine große Zahl von Syrerinnen ihre Arbeitsstellen in Deutschland verlassen und nach Syrien zurückkehren, könnte dies massive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.
Allein im Gesundheitswesen sind mehr als 5.800 Syrerinnen als Ärztinnen tätig, hauptsächlich in Krankenhäusern. Zudem gibt es schätzungsweise über 2.000 syrische Menschen mit Fluchtgeschichte, die in deutschen Apotheken arbeiten. Was würde passieren, wenn diese Fachkräfte zurückkehren?
Auch im Transportwesen, etwa bei Bus- und Lkw-Fahrerinnen, sind viele Syrer*innen beschäftigt. Ein plötzlicher Wegfall dieser Arbeitskräfte würde erhebliche Lücken hinterlassen.
Natürlich braucht Syrien seine Bürgerinnen und viele Syrerinnen möchten eines Tages in ihre Heimat zurückkehren. Doch die Entscheidung sollte bei ihnen liegen. Wie das UNHCR betont, muss die Rückkehr „freiwillig und sicher“ sein. Dies gilt nicht nur für Geflüchtete aus dem angrenzenden Libanon, sondern auch für Europa, das einst als Zufluchtsort für Menschenrechte galt.
Dabei sollte man nicht vergessen, dass rechtsextreme Propaganda von verschiedenen Parteien verstärkt wird, was die Situation zusätzlich verschärfen könnte. Deutsche Politikerinnen übersehen zudem oft, dass viele Syrerinnen mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und somit wählen können.
In Deutschland leben derzeit etwa 974.000 Menschen mit syrischer Herkunft. Bis Ende 2023 haben mehr als 160.000 Syrerinnen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Allein im Jahr 2023 wurden 75.485 Personen aus Syrien eingebürgert, was 38 % aller Einbürgerungen in diesem Jahr ausmacht. Dennoch scheint das Interesse an den Stimmen syrischstämmiger Wählerinnen gering zu sein.
Laut des Statistischen Bundesamts lebten Ende 2023 etwa 970.000 Syrerinnen in Deutschland. Im ersten Halbjahr 2024 wurden mehr als 37.000 Asylanträge von Syrerinnen gestellt (31 % der Gesamtzahl). Im Jahr 2023 wurden laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über 100.000 Asylanträge eingereicht. Die meisten der Ankommenden sind junge Menschen, die flüchten, um dem Militärdienst zu entgehen. Doch dieser Grund besteht nicht mehr, und ich glaube, viele Syrer*innen werden tatsächlich nach Syrien zurückkehren. Wie ein Freund von mir sagt: „Was mache ich hier in Deutschland, wenn meine Heimat gerade eine historische Zeit erlebt?“
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- Ba'ath-Partei stellt Aktivitäten ein: Die Zentralleitung der Ba'ath-Partei hat alle Parteiarbeiten ausgesetzt und Parteivermögen unter staatliche Aufsicht gestellt. Zudem sollen Mitglieder in ihre ursprünglichen Arbeitsplätze zurückkehren.
- UN-Kritik an Israels Luftangriffen: UN-Expert*innen betonten, dass Israels Luftangriffe auf syrische Militärstellungen gegen internationales Recht verstoßen und globale Instabilität fördern könnten.
- Neue Flagge Syriens: Die FIFA hat die syrische „Unabhängigkeitsflagge“ offiziell anerkannt, die während des Kongresses zur Verkündung der Gastgeberländer der Weltmeisterschaften 2030 und 2034 gezeigt wurde.
- Zivilschutz warnt vor Kriegsüberresten: Der syrische Zivilschutz dokumentierte in den letzten Wochen tödliche Unfälle durch Minen und Kriegsüberreste. Er ruft zur Vorsicht und Meldung verdächtiger Objekte auf.
- Assad in Russland: Der russische Vize-Außenminister bestätigte, dass Baschar al-Assad sicher nach Russland gebracht wurde. Eine Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof sei jedoch nicht möglich.
- Spanien diskutiert Sanktionen: Der spanische Außenminister fordert die Überprüfung der Sanktionen gegen Syrien und betont die Notwendigkeit, rote Linien für Gespräche mit der neuen syrischen Führung festzulegen.
- Wirtschaftliche Herausforderungen: Der syrische Übergangsministerpräsident Mohammed al-Bashir beschreibt die prekäre finanzielle Lage des Landes und kündigt Pläne zur Stabilisierung, Rückkehr von Geflüchteten und Wiederaufbau an.
- Gefährdung von Menschenrechten: Die internationale Gemeinschaft wird aufgefordert, sicherzustellen, dass Menschenrechte und Rechte von Minderheiten in der neuen politischen Ordnung Syriens respektiert werden.
- Rolle der Diaspora: Syrer*innen in Europa, insbesondere in Deutschland, sind Teil der Diskussionen über Rückkehrmöglichkeiten, während ihre wirtschaftliche und soziale Bedeutung im Gastland anerkannt wird.
- Ein US-Amerikaner namens Travis Timmerman wurde im ländlichen Gebiet von Damaskus gefunden. Es wird angenommen, dass er in den Gefängnissen Assads inhaftiert war. Zunächst wurde fälschlicherweise angenommen, dass es sich bei dem Mann um den in Syrien verschwundenen amerikanischen Journalisten Austin Tice handelte.