Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben geflüchtete Ukrainerinnen in Deutschland sofort Unterstützung bekommen und konnten sich sogleich eine Arbeitsstelle suchen: „Seit dem 1. Juni 2022 bekommen die Ukrainerinnen Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) oder Grundsicherung im Alter bei einer Erwerbsminderung.“ Die Geflüchteten werden in Deutschland also gut versorgt, weshalb man ja auch den Pull-Effekt fürchtet. Doch die Menschen fliehen vor dem russischen Angriffskrieg, der schreckliches Leid verursacht und vielen Menschen schon das Leben gekostet hat, argumentieren Gesellschaft und Politik.
Und es wird, gerade in rechten Kreisen, häufig argumentiert, dass die Menschen aufgrund der vermeintlich tollen Aussichten nach Deutschland kommen. Doch dabei stoßen sie auf viele weitere Herausforderungen. Ein Beispiel: Eine Familie aus Afghanistan beantragt in Deutschland Asyl. „Für Mitglieder einer Familie gilt das Familienasyl. Das heißt, wurde eine sogenannte stammberechtigte Person als asylberechtigt anerkannt, erhalten deren in Deutschland aufhältige Familienmitglieder auf Antrag ebenfalls Asyl.“ Es werden Familien auseinandergerissen, sofern sie über ein anderes EU-Land einreisen, Kinder ab 18 Jahren werden dann an der Grenze abgewiesen, weil sie nicht (nicht mehr) zur Kernfamilie gehören.
Die Äußerungen von Politiker*innen in Talkshows und Interviews erwecken immer den Eindruck, als wäre Deutschland das gelobte Land in der Welt. Richtig ist, dass bisher alle in unser Land gelassen werden, die Asyl beantragen wollen. Und es gibt auch Menschen, die aus sicheren Drittstaaten kommen oder als Geflüchtete in ein anderes Land der EU eingereist sind, aber gerne in Deutschland arbeiten, studieren oder eine Ausbildung machen würden. Eigentlich müsste die Bundesregierung „hurra“ schreien, schließlich hat sie extra ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz geschaffen.
Das Sperrkonto
Doch die Regelung stellt eine Frage: Hat die Person genügend Geld für eine Ausbildung? Ansonsten gibt es nämlich kein Visum. Sollte es eine rein schulische Ausbildung sein oder gar ein Studium, dann muss man Geld mitbringen. Das landet auf einem Sperrkonto.
Das Sperrkonto wird bei einer Bank eingerichtet, wovon dann Studierende und Auszubildende ihren Lebensunterhalt für die Zeit des Studiums oder der Ausbildung bestreiten müssen. „Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der angenommene Regelbedarf, der bei Visumbeantragung auf das Sperrkonto eingezahlt sein muss, 11.208 Euro.“ Es muss kein Sperrkonto eingerichtet werden, wenn die Auszubildenden in ihrem ersten Lehrjahr bereits mindestens 934 Euro verdienen.
Jetzt kann man sich ausrechnen, wie viel Menschen dadurch ausgegrenzt werden. Menschen, die über Umwege nach Europa gekommen sind, aber in Deutschland gerne eine Ausbildung machen würden, können es sich einfach nicht leisten. Doch, anstatt dass die Bundesregierung daran etwas ändert, jammert sie lieber weiter über den Fachkräftemangel. Es ist statistisch lange belegt, dass wir eine jährliche Zuwanderung von 400.000 Menschen brauchen.
Die alternde Gesellschaft
Der Fachkräftemangel ist nicht das einzige Problem. Unsere Gesellschaft wird immer älter, aber es kommen viele junge Menschen aus Syrien und Afghanistan usw. zu uns, die die Politik mit ihren Familien maximal fördern sollten. Doch stattdessen belegen wir sie erst einmal mit einem Arbeitsverbot und lassen sie bis zu einem Jahr auf einen Sprachkurs warten. Ich habe mir von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, schildern lassen, wie mühsam und bürokratisch es ist, bis diese jungen Menschen einen solchen Kurs besuchen können.
Diejenigen, die es tatsächlich vom Asylantrag bis zur Ausbildung geschafft haben, auch die sind vor einer Abschiebung nicht völlig geschützt, obwohl sie eine feste Arbeitsstelle haben und der Betrieb zu denen gehört, die dringend Fachkräfte brauchen. Der sogenannte Spurwechsel ist offensichtlich in der Mottenkiste verschwunden. So weit zu dem Narrativ, dass Geflüchtete oder Zuwanderer nur in unsere Sozialsysteme einwandern wollen.