Die jüngsten militärischen Entwicklungen haben das Kräfteverhältnis in Syrien spürbar verändert. Rebellenkräfte haben im Nordwesten bedeutende Erfolge erzielt und unter anderem die strategisch wichtige Stadt Aleppo sowie ihren internationalen Flughafen eingenommen. Neben Aleppo konnten zahlreiche Dörfer und Städte in den Provinzen Idlib und Hama unter die Kontrolle der Opposition gebracht werden. Diese Offensiven führten zu hohen Verlusten: Über 600 Todesopfer wurden laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte verzeichnet.
Rückkehr des Astana-Prozesses
Parallel zu den militärischen Auseinandersetzungen wird die diplomatische Ebene wiederbelebt. Der Iran kündigte ein Treffen der Außenminister von Iran, Türkei und Russland im Rahmen des Astana-Prozesses an, das am 7. und 8. Dezember am Rande des Doha-Forums stattfinden soll.
Der 2017 ins Leben gerufene Astana-Prozess hat zum Ziel, Vertreter der syrischen Regierung und der Opposition an einen Tisch zu bringen. Schwerpunkte der Verhandlungen sind Waffenstillstandsabkommen, humanitäre Themen sowie die Einrichtung von Deeskalationszonen. Nach einer pandemiebedingten Pause wurde der Prozess im November 2024 mit der 19. Verhandlungsrunde wieder aufgenommen.
Astana-Abkommen: Chancen und Herausforderungen
Das Astana-Abkommen führte zur Einrichtung von Deeskalationszonen im Nordwesten Syriens, um die militärischen Spannungen zu mindern. Während die Türkei die Stabilität in grenznahen Regionen als Priorität betrachtet, sehen Russland und der Iran den Prozess als strategisches Mittel zur Unterstützung der syrischen Regierung.
Divergierende Interessen der Akteure
Die Garantiestaaten des Astana-Prozesses verfolgen teils unterschiedliche Ziele. Während der Iran auf eine stärkere regionale Verantwortung drängt und vor der Ausbreitung von Terrorismus warnt, betont die Türkei die Bedeutung der Stabilität in Idlib und den angrenzenden Gebieten. Russland hingegen agiert als wichtiger Vermittler, während es zugleich die Position der syrischen Regierung stärkt.
Historischer Rückblick auf die Verhandlungsrunden
Der Astana-Prozess brachte bislang mehrere bedeutende Ergebnisse hervor:
Erste Runde (2017): Ein Waffenstillstand zwischen Regierung und Opposition wurde vereinbart.
Zweite Runde (2017):Überwachungskommissionen zur Einhaltung des Waffenstillstands wurden gebildet.
Dritte bis fünfte Runde (2017):Schwerpunkt lag auf der Einrichtung von Deeskalationszonen, Minenräumung und humanitären Maßnahmen.
- Runde (2024): Nach der Pandemie-Unterbrechung wurden die Verhandlungen wiederaufgenommen, um die aktuellen Entwicklungen zu adressieren.
Eine neue Phase für Syrien?
Das geplante Treffen am Rande des Doha-Forums könnte einen Wendepunkt für Syrien markieren. Die Herausforderung bleibt jedoch, die Interessen der Garantiestaaten in Einklang zu bringen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Während militärische Erfolge der Opposition neue Dynamiken erzeugen, hängt die Zukunft Syriens entscheidend davon ab, ob der Astana-Prozess in der Lage ist, Frieden und Stabilität langfristig zu fördern.
Dieser Text wurde am 6.12. aktualisiert und überarbeitet.