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3 Min. Lesezeit Persönliche Geschichten

"Als der Krieg begann, war ich meinen Träumen nahe"

Mubin kam nach der Machtübernahme der Taliban aus Afghanistan nach Hamburg. Nun verfolgt er seine Pläne und seinen Traum der Schriftstellerei und Arbeit in den Medien in Deutschland.

"Als der Krieg begann, war ich meinen Träumen nahe"

Der 26. Juli 2021. Meine Schwester ist krank. Ich bin bei ihr im Krankenhaus. Als wir nach Hause zurückkehren, beginnen die Angriffe der Taliban. Ich betrete voller Angst das Haus. Der Kriegslärm ist schrecklich. Nachts schreibe ich zuhause eine Geschichte. Sie ist kurz und handelt vom Krieg, der endet. Doch morgens wache ich auf und der Krieg ist nicht gelöst.

Ich bin Mubin Hakimi, 26 Jahre alt und komme aus Afghanistan. Ich habe mein ganzes Leben in Afghanistan gelebt. Ich habe in Afghanistan Usbekische Literatur studiert und im Bereich Medien, Kultur und Soziales gearbeitet. Ich hatte viele Pläne für die Zukunft, die durch die Invasion der Taliban in meinem Land in nur einem Moment zerstört wurden; ich wollte mein Studium abschließen und in den Medien auftreten. Doch dann konnte ich nicht mehr weiter studieren und auch nicht als Moderator im Fernsehen arbeiten. Ich wollte Universitätsprofessor werden. Ich habe sogar davon geträumt, einen Radiosender zu eröffnen und viele Programme zu produzieren.

Ich war meinen Träumen nahe, als der Krieg begann und ich ein Migrant wurde. Ich habe mich ehrenamtlich in einer deutschen VUSAF-Schule in Afghanistan engagiert. Ich habe dort mehr als vier Jahre in verschiedenen Abteilungen mit jungen Leuten gearbeitet. Nach Beginn des Krieges kam ich in Zusammenarbeit mit deutschen Kollegen aus Pakistan nach Deutschland. Ich lebe jetzt seit zwei Jahren in Hamburg.

Vor dem Krieg hat man mich immer in der Bibliothek gefunden

Ich vermisse meine Familie sehr. Durch Kriege werden tausende Familien voneinander getrennt. So auch meine. Meine Familie ruft mich immer an und sie unterstützen mich und meine Arbeit. Meine Mutter ist Hausfrau, mein Vater hat einen freiberuflichen Job. Ich habe vier Schwestern und einen Bruder. Meine Schwester lebt mit mir in Deutschland. Mein Bruder studiert und arbeitet in Amerika. Ich versuche, dafür zu sorgen, dass meine Familie in einer guten Atmosphäre lebt und keine Sorgen haben muss.

Ich versuche immer, ein erfolgreicher Mensch zu sein. Meine Familie spielt eine große Rolle für den Erfolg meines Lebens und ich hoffe, dass ich sie bald wiedersehen kann. Die vielen Erinnerungen geben mir Kraft. Meine Eltern sind immer bei mir und alles, was ich in Deutschland unternehme, macht sie glücklich und stolz.

Ich möchte die Pläne, die ich in Afghanistan hatte, in Deutschland fortführen. Erstens möchte ich mein Deutsch verbessern. Ich möchte in deutschen Medien und Zeitungen aktiv sein, sprechen und schreiben. Ich möchte anderen Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte helfen. Ich möchte mich weiterhin ehrenamtlich bei Institutionen aus den Bereichen Kultur und Soziales engagieren.

Und ich möchte weiter schreiben. Schriftsteller zu sein, ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Vor dem Krieg hat man mich immer in der Bibliothek gefunden. Als der Krieg begann, konnte ich nicht mehr hingehen. Alles war geschlossen. Die Taliban sind in die Bücherhallen und Schulen eingedrungen. Ich fühlte mich zu Hause einsam. Das einzige Hobby für mich war das Schreiben.

Als ich nach Deutschland kam, schrieb ich mein erstes eigenes Buch. Es ist die Geschichte meiner Migration. Ich erzähle darin über die Situation afghanischer Jugendlicher und Frauen, den Krieg und andere Probleme. Ich wünschte, es würde auf Deutsch übersetzt und gedruckt werden. Ich möchte mehr Bücher schreiben und in der deutschen Gesellschaft aktiv sein.

Ich glaube an meine Träume

Aktuell ist die Situation in Afghanistan, insbesondere für Frauen und Mädchen, nicht gut. Schulen und Universitäten sind für sie geschlossen. Auch die wirtschaftliche Lage ist immer noch nicht gut. Manchmal gibt es in Kabul und anderen Großstädten Auseinandersetzungen und Angriffe. Viele junge Menschen sind arbeitslos und wollen Afghanistan verlassen. Ich habe auch von einigen Fragen dazu bekommen, wie man nach Europa kommen kann. Sie halten die schlechten Bedingungen in Afghanistan nicht mehr aus, sie möchten in einer freien Gesellschaft leben und ihre Meinung offen äußern.

Ich bin in Hamburg nicht sonderlich in der afghanischen Community aktiv. Manchmal nehme ich an afghanischen Kulturprogrammen teil. Doch politisch kann ich mich nicht engagieren, weil meine Familie eben noch zum Teil in Afghanistan lebt. Dabei wünsche ich mir sehr, dass sich die Lage vor Ort verbessert.

In meiner neuen Heimat hier in Deutschland fühle ich mich wohl. Migration ist nicht das Ende des Lebens. Ich möchte mein Leben fortsetzen und in meinem zweiten Land, Deutschland, erfolgreich sein. Ich glaube an meine Träume. Vielleicht klappt es nicht direkt morgen. Aber ich weiß, dass ich es schaffen kann.

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