Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ein klares Versprechen gegeben: Islamistische Gewalttäter sollen nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden. Doch wie soll das in der Praxis aussehen? Faeser schlägt vor, Abschiebungen über Nachbarländer abzuwickeln. Sie betont, dass die Sicherheitsinteressen Deutschlands oberste Priorität haben und dass die Bundespolizei die Bundesländer bei der Beschleunigung dieser Abschiebungen unterstützen wird. Auf der anderen Seite warnt das Auswärtige Amt vor den anhaltenden Kampfhandlungen in Syrien und sieht keine sicheren Bedingungen für eine Rückkehr.
CDU-Politiker Mario Voigt geht noch weiter und fordert die Aufhebung des generellen Abschiebeverbots nach Syrien, um auch Personen ohne Bleibeperspektive abzuschieben. Laut Mediendienst Integration leben rund eine Million Syrer*innen in Deutschland, ca. 669.000 von ihnen haben eine befristete Aufenthaltserlaubnis.
Das Oberverwaltungsgericht Münster sorgt zudem für Diskussionsstoff. Das Gericht entschied, dass für Asylsuchende aus Syrien keine pauschale Gefahr durch den Bürgerkrieg mehr besteht. Ein syrischer Kläger aus der Provinz Hasaka hatte versucht, subsidiären Schutz zu erhalten, doch das Gericht sah keine individuelle Gefahr für ihn. Dieses Urteil könnte weitreichende Folgen haben, obwohl es noch nicht rechtskräftig ist. Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl kritisieren diese Entscheidung und betonen, dass Syrien weiterhin unsicher sei.
Bundeskanzler Olaf Scholz und andere Politiker begrüßen das Urteil als Grundlage für eine härtere Abschiebepolitik, insbesondere für Straftäter. Doch Außenministerin Annalena Baerbock warnt vor überstürzten Versprechungen. Sie betont, dass Abschiebungen allein das Problem mit Gefährdern nicht lösen können. Baerbock verweist auf praktische Probleme und die Gefahr, sich von „islamistischen Terrorregimen“ Bedingungen diktieren zu lassen. Sie fordert Lösungen für den Fall, dass schnelle Abschiebungen nicht möglich sind.
Die Frage bleibt: Wie soll die Bundesrepublik Syrer*innen zurückführen, wenn keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien bestehen? Eine Rückführung würde bedeuten, dass sich die deutsche Politik mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad arrangieren müsste.
Auch auf europäischer Ebene gibt es Bewegung: Italien drängt auf eine Änderung der Syrien-Politik und plant, nach über einem Jahrzehnt wieder einen Botschafter nach Damaskus zu entsenden. Außenminister Antonio Tajani betont die Notwendigkeit, Moskau nicht das Monopol in Syrien zu überlassen. Italien hatte seine diplomatischen Angelegenheiten in Syrien über die Botschaft im Libanon abgewickelt, doch die Botschaft in Damaskus war formell nie geschlossen. Tajani fordert eine Anpassung der EU-Syrien-Politik an die aktuelle Lage und hat Unterstützung von Ländern wie Österreich, Kroatien und Griechenland. In Italien regiert seit fast zwei Jahren eine Koalition aus drei rechten Parteien.
Die Diskussionen über die Abschiebungspolitik und die Beziehungen zu Syrien werden sicherlich weitergehen, während die Politik versucht, schnelle und populistische Lösungen anzubieten. Abschiebungen werden als Maßnahmen gegen Kriminalität, Islamismus und Rechtsextremismus präsentiert. Doch diese Maßnahmen könnten im Widerspruch zu europäischen Werten und humanitären Verpflichtungen stehen.