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Die Nacktschnecke. Schreiben als Lebenssinn

Der Iran ist für mich eine untrennbare Sehnsucht nach Heimat, aber ein anderes Stück meiner Identität sind diejenigen Menschen, deren Leben in Deutschland fremdbestimmt wird, die in Ohnmacht gefallen und in deutscher Bürokratie gefangen sind. Das literarische Schreiben über die Flüchtlingspolitik bedeutet für mich ein neuer Lebenssinn". So beschreibt Sorour das Anliegen ihrer Texte, von denen sie einen hier vorstellt. Sie ist eine gute Beobachterin. Mit geschärfter Wahrnehmung spürt sie dem nach, was geflüchtete Menschen in Deutschland erleben, was sie selbst erlebt und durch ihr Schreiben in Worte fasst:

Foto: Wolfgang Hasselmann on Unsplash

Mein Kopf fühlt sich schwerer an als normalerweise. Hier stinkt es wie immer. Der Sommer in Deutschland gefällt mir nicht. Er ist nicht wärmer als bei uns, aber es ist eklig warm. Vor allem wird mein Auge unnormal rot wegen der Wärme oder wegen der Sonne oder wegen der Schmetterlinge, die hier über meinem Kopf unterm Dach der Toilettenkabine fliegen. Ich muss hier raus. Ich glaube, es gibt nichts weiter, was aus meinem Körper, der sich wie eine dünne, gerade noch lebendige Leiche anfühlt, rauskommen will. Glücklicherweise gibt es heute Wasser zum Waschen.

Gestern war das eine Katastrophe: Ich war kurz zum Nachbarn gegangen, um mich wegen seiner lauten Musik zu beschweren. Auf dem Rückweg hatte ich ein komisches Gefühl am rechten großen Zeh. Ich dachte, es war der Stress. Es war stressig gewesen mit diesem Mann. Er konnte kein Persisch, Englisch oder Deutsch. Er konnte Kurdisch, Arabisch und weitere Sprachen, die ich nicht kann.

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Sorour-Keramat
Sorour war 16 als sie in Deutschland ankam. Die ersten zwei Jahre in Deutschland wohnte sie in mehreren Flüchtlingsunterkünften. Dort beobachtete sie das Unglück anderer Flüchtlinge, die aus verschiedenen Ecken dieser Welt in Deutschland Schutz suchten. Dass die anderen Menschen genau wie sie unter Heimatlosigkeit leiden und jeden Tag ein Stück von ihrer Identität verlieren, versetzte sie in tiefe Melancholie. Sie sah, wie schamlos Deutschland und andere europäischen Länder die Asylsuchenden abschieben und durch Europa treiben. Alle Herausforderungen, die die Geflüchteten in Deutschland und auf der Flucht haben, tragen dazu bei, dass sie heute Literatur als eine Form des Ausdrucks nutzt, um über das ganze Elend zu berichten.
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