Erst Anfang dieses Jahres ist ein junger Mann aus Guinea in Nordrhein-Westfalen nach einem Polizeieinsatz in einer Erstaufnahmeeinrichtung ums Leben gekommen. Er soll die Beamten tätlich angegriffen haben. Nachdem er schließlich überwältigt werden konnte, verlor er noch im Krankenwagen das Bewusstsein, schließlich erlag er seinen Verletzungen im Krankenhaus. Ein weiterer Fall, der Debatten um Polizeigewalt auslöste: Der 16-jährige Mouhamed Dramé kam bei einem Polizeieinsatz in der Dortmunder Nordstadt ums Leben – nachdem er mit Schüssen aus der Maschinenpistole eines Beamten getroffen wurde. Auch Taser und Pfefferspray kamen zum Einsatz.
Besonders auffällig ist hier gewesen, dass die Bodycams, welche den Einsatz der Polizisten dokumentieren sollen, ausgeschaltet waren. Es stellt sich die Frage: War ein solcher Einsatz gegen einen gerade einmal 16-jährigen Jungen wirklich nötig?
Racial Profiling und Polizeigewalt
Die Liste solcher Fälle ist lang – hier reiht sich auch der nach fast 20 Jahren immer noch nicht gelöste Fall des aus Sierra Leone stammenden Asylbewerbers Oury Jalloh ein. 2005 verbrannte er qualvoll in einer Polizeizelle, obwohl er unter der Obhut mehrerer Polizisten stand. Ob es ein Unfall oder eine vorsätzliche Tatbegehung war, ist bis heute nicht klar. Die Angehörigen des Opfers sowie auch viele andere Experten, die sich mit dem Fall beschäftigen, gehen von Mord aus. Die Familie des Opfers ist mittlerweile vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gezogen.
Täglich berichten Menschen mit Migrationsgeschichte zudem, von Polizeikontrollen betroffen zu sein, obwohl es hierzu keinen Anlass gegeben habe. Verdachtsunabhängige Kontrollen, also Racial Profiling, bezeichnet das Phänomen, dass ohne sachlichen Grund wegen des Aussehens, der ethnischen Zugehörigkeit oder religiöser Symbole ein rechtswidriges Verhalten unterstellt wird. Damit werden vor allem nicht-weiße Menschen einem Generalverdacht ausgesetzt. Häufig ist diese Praxis jedoch rechtswidrig und lässt sich gerade vor dem grundrechtlich geschützten Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz nicht rechtfertigen.
Polizeikontrollen an Bahnhöfen, wie sie häufig vorkommen und vor allem Schwarze Menschen betreffen, werden dadurch gerechtfertigt, dass Gewalt und Betäubungsmittelverkäufe ausschließlich von diesen ausgingen. Dieser Generalverdacht ist nicht nur diskriminierend, sondern auch falsch und kann und sollte nicht geduldet werden.
Was kannst du tun, wenn du betroffen bist?
- Schreib dir unbedingt den Namen des handelnden Beamten und der Dienststelle auf. Spricht Zeugen an, um im Nachhinein gegen die Maßnahme vorgehen zu können, zum Beispiel in Form einer Dienstaufsichtsbeschwerde.
- Gerichtlich kann eine Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben werden und festgestellt werden, dass eine Maßnahme möglicherweise rechtswidrig war.
- Solltest du körperliche Gewalt durch einen oder mehrere Beamt*innen erfahren haben, dokumentiere mögliche Verletzungen anhand von Fotos und suche eine*n Ärzt*in auf, der*die deine Verletzungen attestiert und dokumentiert.
- Solltest du dich dazu entscheiden, Strafanzeige zu erstatten, ist es ratsam, vorher Rechtsbeistand zu suchen und den Vorfall genaustens zu schildern.
- Auch kann auf zivilrechtlichem Wege ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden.
Weitere Hilfe findest du bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Diese informieren über Rechtsschutzmöglichkeiten, die du in Anspruch nehmen könntest und solltest. Eine Auflistung weiterer Anlaufstellen findest du hier.