Am 15. März versammelten sich zahlreiche junge Menschen in Damaskus – wie durch eine Einladung auf Facebook bekannt wurde. Ich habe dazu eine kleine Geschichte: Im Jahr 2011 traf ich einen Freund und wir sprachen über diese Einladung. Niemand weiß heute mehr genau, wer hinter der Facebook-Einladung für die Demonstration für Gerechtigkeit und Freiheit in Syrien steckte. Mein Freund wollte unbedingt an der Demo teilnehmen und fragte mich, ob ich mitkommen kann.
Ich lehnte ab, da ich damals nicht glaubte, dass dies etwas bewirken würde – vielleicht hatte ich Angst, denn mein Vater berichtete uns von Ereignissen in den 80er-Jahren, als unter Assad ein großes Massaker in Hama stattfand, bei dem mehr als 30.000 Menschen getötet wurden.
Nach 14 Jahren wurde Assad zwar gestürzt, aber die Frage bleibt, ob die Demonstration oder doch etwas anderes der Auslöser für die Revolution war. Zum Beispiel das, was in Daraa drei Tage später, am 18. März 2011, geschah: An eine Schulwand schrieben Kinder den Slogan: „Jayk aldawr ya duktur“ – auf Deutsch: „Ihr seid dran, Doktor.“
Dann wurden die Kinder von den Organisatoren der Demonstration abgeholt, und als die Eltern der Kinder zur Demo kamen, kam es zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die als Vertreter des alten Regimes galten. Daraufhin protestierten viele Menschen. Nach drei Wochen demonstrierten auch die Bewohner von Homs, um die Menschen in Daraa zu unterstützen – vor allem nach dem Tod vieler junger Demonstrant*innen aus.
Diese Bewegung dauerte vermutlich etwa drei Wochen, bis sie von Daraa nach Homs überging und schließlich in ganz Syrien Verteidigung fand. Viele behaupten, dass es in Syrien nicht nur eine Revolution, sondern zwei gab – eine aus der Stadt und eine aus dem Dorf: Eine, die vom arabischen Erwachen geprägt war, und eine andere, die aus einer reinen Reaktion auf respektlose Behandlung und Versagen der Sicherheitsdienste sowie aufgrund der prekären Wirtschaftslage und der ungezügelten Korruption in einem elitären System entstand, in dem nur die Kinder von Offizieren Geld verdienten.
Nach mehr als 14 Jahren bleibt die Debatte darüber, wie die Revolution verlaufen ist und wer dafür verantwortlich war, unbeantwortet. Unklar ist weiterhin, ob die Revolution am 15. März oder am 18. März begann. Viele Syrer*innen sind sich jedoch einig: Sie sind froh, von Assad befreit zu sein, und sie wünschen sich, dass ganz Syrien bald ebenfalls von dessen Herrschaft befreit wird – damit alle in Freiheit, Würde und Hoffnung auf eine bessere Zukunft leben können.
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News Update
Die deutsche Außenministerin:
Baerbock sagt zu, 300 Millionen Euro als Hilfsgelder für Syrien bereitzustellen.
Der türkische Präsident:Präsident Erdoğan betonte in einem Telefonat mit seinem amerikanischen Amtskollegen, dass die neue Verwaltung in Syrien unterstützt werden müsse. Er unterstrich, wie wichtig es sei, gemeinsam zur Wiederherstellung der Stabilität beizutragen und die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, um die Rückkehr von Geflüchteten zu fördern.
Das Europäische Parlament:Das Europäische Parlament billigt einen Entwurf eines Beschlusses, der die Verwendung der eingefrorenen Vermögenswerte des Regimes von Bashar al-Assad zur Unterstützung des politischen Übergangsprozesses und des Wiederaufbaus in Syrien ermöglicht.
Die „Bild“-Zeitung:Die deutsche Innenministerin plant laut BILD einen Besuch in Syrien, um Gespräche mit Präsident al-Shar über die Rückführung syrischer Geflüchtete zu führen. Die Verhandlungen sollen sich im Allgemeinen auf 974.000 Syrer*innen in Deutschland beziehen (obwohl viele von ihnen einen deutschen Pass besitzen). Weitere Informationen gibt es hier.
EU-Quelle – Brüsseler Konferenz:Eine Quelle der Europäischen Union sagte gegenüber „Independent Arabia“, dass das Hilfsvolumen in der neunten Runde der Brüsseler Konferenz zur Unterstützung von Syrien 27,5 Milliarden Euro betragen werde – ein Anstieg von etwa 100 Millionen Euro im Vergleich zur letzten Konferenzrunde, die noch vor dem Sturz des Assad-Regimes und der Übernahme der Regierung durch Präsident Ahmad al-Shar stattfand.
Die Quelle fügte hinzu, dass die von Brüssel ausgerichtete Konferenz unter dem Titel „Mit Syrien stehen und seinen Bedürfnissen gerecht werden für einen erfolgreichen Übergang“ erstmals die Teilnahme des syrischen Staates verzeichnen wird – vertreten durch den Außenminister Asaad al-Shibani.
Französisches Oberstes Gericht:Das Büro der Anwältin am Französischen Obersten Gerichtshof, Marie Dosi, erklärte, dass das Verwaltungsgericht in Paris am 13. März 2025 eine Entscheidung erlassen habe, die die französischen Behörden verpflichtet, den Fall der Rückführung von 29 französischen Kindern und 9 Müttern, die in Lagern im Nordosten von Syrien festgehalten werden, nach Frankreich erneut zu prüfen.
Das Gericht hob alle bisherigen Entscheidungen des französischen Außenministeriums auf, die die Rückführungen abgelehnt hatten. Die UN-Kinderrechtskommission sowie der Ausschuss gegen Folter hatten Paris in dieser Angelegenheit bereits zuvor kritisiert.
Syrischer Zivilschutz:Der syrische Zivilschutz gab am Sonntag bekannt, dass die Such- und Rettungsarbeiten in dem Wohngebäude, das infolge einer Explosion im Viertel Al-Raml Süd in der Stadt Latakia gestern eingestürzt ist, abgeschlossen wurden. Dabei wurde berichtet, dass 16 Menschen starben und 18 verletzt wurden, darunter auch Kinder. Der Zivilschutz erklärte, dass das Gebäude aufgrund einer Explosion von Kriegsresten in einem Geschäft für Kleinwaren unter dem Gebäude eingestürzt sei.
Neue Infiltration im ländlichen Quneitra:Die israelischen Besatzungskräfte drangen in einem Gebiet des ländlichen Quneitra ein, wo sie Passanten kontrollierten – ein Schritt, der zu einer Reihe ihrer bisherigen Infiltrationen in der Region hinzugerechnet wird.
Die Rolle der USA
Die amerikanische Zeitung „Washington Post“ berichtete, dass die Vereinigten Staaten Syrien retten könnten, indem sie die Sanktionen aufheben – und warnte, dass das Land kurz davor stehe, ein gescheiterter Staat zu werden, bedingt durch den wirtschaftlichen Niedergang und die gefährliche Sicherheitslage. Die Zeitung wies darauf hin, dass die neue syrische Regierung darum kämpft, im Land Sicherheit herzustellen.
Dabei sieht sie sich mit Überresten der bewaffneten Unterstützer des Assad-Regimes konfrontiert, während gleichzeitig Entführungen und Tötungsdelikte zunehmen und israelische Luftangriffe auf Waffenlager erfolgen.
Weiter betonte die Washington Post, dass der syrische Präsident Ahmad al-Shar‘ vor enormen Herausforderungen stehe – etwa bei der Reform des wirtschaftlichen Chaos, der Durchsetzung von Sicherheit und der Verhinderung einer konfessionellen Spaltung des Landes. Sie hob hervor, dass al-Shar‘ „jeder möglichen Hilfe bedarf“ und die Vereinigten Staaten dazu in der Lage seien, wenn die Trump-Administration umgehend die US-Wirtschaftssanktionen aufhebt, die die Erholung Syriens behindern.
Abschließend merkte die Washington Post an, dass das Aufheben einiger europäischer Sanktionen gegen Syrien nicht zu einem großen Zustrom finanzieller Hilfen und ausländischer Investitionen geführt habe, da die strengen US-Sanktionen weiterhin in Kraft blieben.
Die Grenze zwischen Libanon und Syrien
Das libanesische Ministerium für öffentliche Arbeiten und Transport hat die Errichtung eines „provisorischen“ Grenzübergangs zwischen Libanon und Syrien in der Region Al-Arida angekündigt, bis die Grenzbrücken, die Israel bei seinen Angriffen auf libanesisches Territorium zerstört hat, wieder aufgebaut sind.
In einer Erklärung teilte das Ministerium mit, dass der Bau des Übergangs im Rahmen der Sicherstellung eines ununterbrochenen Grenzverkehrs erfolgt. Dabei soll die Errichtung dazu dienen, den Transport von Lastwagen und Bürgern zu erleichtern, während gleichzeitig auf den Abschluss der erforderlichen technischen Studien für den Wiederaufbau der Brücken gewartet wird, die Ende letzten Jahres durch den israelischen Angriff zerstört wurden. Das Ministerium stellte zudem einen umfassenden Plan vor, der darauf abzielt, die Grenzverbindungen zwischen Libanon und Syrien zu stärken.
Israelische Ziele
Die Zeitung „Al-Sharq Al-Awsat“ berichtete, dass Israels Bombardierung, um Damaskus zu erschüttern, eine eindeutige Botschaft an den syrischen Präsidenten Ahmad al-Shar'a sei – nämlich, dass Syrien keine Stabilität erlangen wird, ohne Tel Avivs Forderungen zu akzeptieren.
Die Zeitung zitierte zudem militärische Quellen in Tel Aviv, wonach Israel mit diesen Operationen und den damit einhergehenden Luftangriffen ihre militärische Präsenz in Syrien auf unbestimmte Zeit festigen und weite Sicherheitszonen einrichten will, um die Stationierung syrischer Truppen und den Transport fortschrittlicher Waffen dorthin zu verhindern. Die Quellen betonten, dass Tel Aviv beabsichtige, die Kontrolle über das Gebiet zu festigen, das sich über 65 Kilometer von Damaskus bis zur derzeitigen Grenze zu Israel und Jordanien erstreckt.
Laut „Al-Sharq Al-Awsat“ gehören die israelischen Ziele zur Umsetzung der neuen Militärdoktrin, die vom Stabschef Itay Zamir genehmigt wurde und vorsieht, an jeder israelischen Kriegsfront – also im Libanon, im Gazastreifen und in Syrien – drei Abschreckungskreise einzurichten.
Russland kritisiert neue syrische Regierung
Zwei Quellen haben gegenüber Reuters bekannt gegeben, dass Russland in dieser Woche während einer geschlossenen Sitzung des Sicherheitsrates scharfe Kritik an den neuen Herrschern Syriens geübt habe, wobei der ständige Vertreter Moskaus bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebinzia, die Taten des „sektiererischen Tötens“ an der syrischen Küste mit dem Völkermord in Ruanda 1994 verglichen haben soll.
Laut der Quellen kritisierte Nebinzia die „Auflösung der Armee des Assad-Regimes“ sowie den massiven Personalabbau im öffentlichen Sektor und warnte davor, dass sich das Szenario des Irak in Syrien wiederholen könnte. Die Agentur berichtete zudem, dass der russische Vertreter seine Besorgnis darüber geäußert habe, dass „ausländische Kämpfer eine zerstörerische Rolle in Syrien spielen“.